niederrheinisch - nachhaltig 



 Montag, 19. Oktober 2020 - zuletzt bearbeitet am 19. Dezember 2020

Über die WRRL und das Gewässermanagement im Grenzland

Dieter Bongartz, der 1951 in Dülken geborene und 2015 in Köln verstorbene Schriftsteller und Filmemacher, bekannte sich selbst als „Lokalpatriot“. Er liebte den Niederrhein, die zur Melancholie verführende Landschaft, die - laut Wikipedia  - gelegentlich durch das definiert werde, was sie nicht ist. Doch Bongartz wagte eine Definition. Seinen 1990 erschienen Film über den Niederrhein nannte er „Wasserland“.

In der Tat: Nicht nur Kopfweiden und Pappelalleen prägen diese Landschaft, sondern auch Seen, Bäche, Auen und Heidemoore. Die Niederrhein-Tourismus GmbH bezeichnet die von Menschenhand geprägte Landschaft als „intakt“. Doch der Mensch beutete das „Wasserland“ aus, zerstörte Lebensräume, veränderte Gewässer, legte sie trocken, verschmutzte und verrohrte die Seen, Flüsse und Bäche.

Erst seit den 1970er Jahren wächst allmählich das Bewusstsein für die mentalen und ökologischen Schattenseiten des Wirtschaftswunders. Heute werden Moore  benässt und Flüsse befreit.  

Seit 2000 gibt es dafür eine europaweit geltende Wasserrahmenrichtlinie (WRRL). Auch wenn Umweltverbände, Politikwissenschaftler*innen und Juristinnen und Juristen sie von Beginn an intensiv öffentlich begleitet haben, gilt sie immer noch eher "als was für Insider". In diesen Tagen startet der dritte Bewirtschaftungsplan für die Wasser- und Gewässermanager*innen im und um den Kreis Viersen.

Wer braucht Wasser?

Wasser verschwindet nicht. Wasser zirkuliert. Wasser ist Poesie, Ware, Gottesgabe, Menschenrecht, Mythos, Lebensmittel, Lösungsmittel, Kultur, Religion, Zerstörung, Standortfaktor, Kriegsgrund, Nachhaltigkeitsschlüssel, geostrategische Ressource...  Wasser ist alternativlos, virtuell, blau, grün, grau oder weiß, wenn's verdunstet.  Milliarden Menschen haben keine sanitäre Grundversorgung und leiden unter wasserbedingtem Stress: Dürren, Überschwemmungen, Kontamination...

Für die meisten Niederrheiner*innen ist sauberes Wasser selbstverständlicher Teil ihres Alltags. Doch die Dürresommer 2018-2020 zeigen: es könnte auch hierzulande mal knapp werden. 

Die Menschen sind existenziell auf sauberes Süßwasser angewiesen. Süßwasser ist Heimat unzähliger Tiere. Oder besser gesagt „war“. Laut WWF-Living Planet Report ging die Zahl der Süßwassertiere weltweit seit 1970 um 84% zurück. Jede dritte Süßwasserart sei vom Aussterben bedroht. 2020 endet die UN-Dekade der Biodiversität. Doch der Schutz der biologischen Vielfalt bleibt eine Herausforderung.

Der im September 2020 veröffentlichte „Global Biodiversity Outlook 5“ ist ernüchternd. Keines der zwanzig Ziele der Biodiversitätskonvention für die Zeit von 2011 bis 2020 wurde erreicht. Dies gilt besonders für Süßwasserökosysteme. Doch die werden bisher „in politischen Prozessen und Regelwerken nicht ausreichend berücksichtigt“ sagt Nadja Neumann vom Berliner Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB). 

Ein internationales Forschungsteam unter Leitung des IGB veröffentlichte am 12. Oktober 2020 14 Empfehlungen zum Schutz der Süßwasser-Biodiversität

Süßwasserlebensräume seien komplex und in andere sozio-ökologische Systeme eingebettet und mit ihnen verbunden. Daher empfiehlt das Forschungsteam den Menschen aus Politik und Verwaltung, endlich anzuerkennen, dass „Gewässer keine isolierten Inseln in der Landschaft sind, sondern sich Umwelteinflüsse aus der Umgebung in ihnen niederschlagen. Das Einzugsgebiet sollte daher die Grundlage jeder Betrachtung sein.“ Es gelte „die strategische Planung im Einzugsgebietsmanagement" zu fördern, um den Wasserbedarf von Menschen und Wildtieren auszubalancieren.  

Der Süßwasserverbrauch halte sich in sicheren planetaren Grenzen, das  hatten Professor Dr. Johan Rockström und sein Expertenteam 2009 errechnet und 2015 aktualisiert. Mit ihrem viel gerühmten Konzept der planetaren Grenzen hatten sie Daten zum Zustand der Erde in einen konkreten Handlungsrahmen für globale Politik, Wirtschaft und Gesellschaft überführt.  Dr. Heinrich Bottermann,  freute sich 2015 über das Konzept: "So lebt die Hoffnung, Mensch und Biosphäre wieder vereinen zu können." Es sei "wissenschaftlich akribisch und konstruktiv-optimistisch". Was den Süßwasserverbrauch betrifft, sei Rockström wohl zu optimistisch gewesen, meinte hingegen Professor Dr. Martin Grambow am 11. September 2020 auf dem Gewässerschutzforum der Umweltverbände. Grambow ist seit Januar 2020 der turnusmäßige Vorsitzende der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA).

Dietrich Borchardt vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung und Bundesumweltministerin Svenja Schulze stellten am 8. Oktober 2020 die Ergebnisse des „Nationalen Wasserdialogs“ vor.  Borchardt sprach von einer „veritablen Wasserkrise“: „Wir stehen beim Thema Wasser vor einem großen Transformationsprozess, der praktisch alle gesellschaftlichen Bereiche erreicht und tiefgreifend sein muss.“

Der Nationale Wasserdialog hat nach gut zwei Jahren seine Vorbereitungen für eine Nationale Wasserstrategie beendet. Die will Svenja Schulze im Sommer 2021 veröffentlichen. Ein zentraler Punkt: Übergeordnete Grundsätze für eine Wasserhierarchie zu entwickeln, die bei Dürreperioden und Wassermangel eindeutige Prioritäten festsetzt. Deutschland muss sich für Wasserknappheit rüsten. Größte Wassernutzer sind bisher die Energieversorger und das verarbeitende Gewerbe. Erst danach folgen Landwirtschaft und Trinkwasserversorgung.

Welchen Wasserstress erzeugen die Dürren? 

Gianni Chrestani - pixabay

Am 15. Oktober 2020 erklärte die Bundesanstalt für Gewässerkunde (bfg) die Niedrigwasserphase für vorerst beendet. Allerdings sei "das Boden- und Grundwasserdefizit trotz der Niederschläge der letzten Wochen immer noch vorhanden". 

2018 war das wärmste und niederschlagsärmste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen im Jahre 1881. Die Folge: 90 Prozent Deutschlands war auch in Bodentiefen von mehr als 1,50 Meter ausgetrocknet. Das war zuletzt 1976 der Fall. Im Gegensatz zu damals folgten auf 2018 bisher keine nassen Folgejahre. Im Sommer ist viel Wasser verdunstet oder an der Oberfläche abgelaufen, ohne in den Boden einzusickern. Die im Oktober 2020 eingesetzte Grundwasserneubildungsperiode wird aller Voraussicht nicht reichen, die Defizite der vergangenen Jahre wieder auszugleichen. Der Dürremonitor des Leipziger Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) zeigt viele deutsche Regionen „im roten Bereich“.

Müssen wir uns Sorgen um Grundwassermangel machen? Nein, sagen immer noch viele Experten und Expertinnen. Sie halten es eher für unwahrscheinlich, dass wir in Zukunft auf dem Trockenen sitzen werden. Heidemarie Ohloff, Dezernentin für Wasserwirtschaft bei der Düsseldorfer Bezirksregierung, geht trotz der unterdurchschnittlichen Grundwasserneubildung der letzten Jahre nicht davon aus, dass bis zum Ende des 21. Jahrhunderts mit einer signifikanten Änderung des Niveaus der Grundwasserneubildung zu rechnen sei.

8. September 2018 - Wasserschutz in der Region: Über Personalmangel, frisierte Nitratwerte und den guten Ton

Sie beruft sich auf das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV). Das wiederum geht bei seinen Analysen von der Studie „Auswirkungen von Klimaänderungen auf das nachhhaltig bewirtschaftbare Grundwasserdargebot und den Bodenwasserhaushalt in Nordrhein-Westfalen“ aus. Das Institut für Bio- und Geowissenschaften am Forschungszentrum Jülich hatte sie im Mai 2014 veröffentlicht. 

Die Wissenschaftler um Frank Herrmann und Ralf Kunkel simulierten den nordrhein-westfälischen Wasserhaushalt auf der Basis der Klima-, Wetter- und Wasserdaten zwischen 1961 und 2005. Sie konnten nachweisen, dass ein Großteil der Grundwasserneubildung im hydrologischen Winterhalbjahr mit einem Maximum in den Monaten Dezember und Januar stattfindet.“

Nachhaltige Bewirtschaftung heißt:  Man darf nur maximal so viel Grundwasser aus der Tiefe pumpen, wie sich an der Stelle wieder neues bilden kann. Sonst versiegt die Quelle irgendwann. Sowohl LANUV als auch die Wissenschaftler des Jülicher Forschungszentrums warnen vor ihren Ergebnissen. Sie sollten „für sich alleine genommen noch nicht als Basis für die Ableitung von Adaptionsstrategien für ein an den Klimawandel angepasstes Grundwassermanagement in Nordrhein-Westfalen verwendet werden.“  Es handele sich um eine einzelne Projektion mit einem einzigen Klimaszenario. Daraus ließen sich keine zuverlässigen Aussagen über zukünftige Grundwassermengen ableiten.

ddzphoto - pixabay

Zwei außergewöhnliche Dürrejahre wie 2018 und 2019 gab es in den vergangenen 250 Jahren noch nicht. Solche extremen Trockenperioden könnten zunehmen, wenn die Treibhausgasemissionen nicht reduziert werden. Das geht aus einer Studie unter Leitung von Wissenschaftlern des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) in Leipzig hervor, über die ZEIT-Online am 6. August 2020 berichtete. Ein deutsch-tschechisches Forscherteam unter Leitung des UFZ hat dabei die beiden Dürrejahre 2018 und 2019 in die Reihe langfristiger globaler Kimadaten seit 1766 eingeordnet. DIE ZEIT zitiert Rohini Kumar. Er arbeitet in der Abteilung Hydrosystemmodellierung des UFZ und ist einer der Autoren der Studie: „Es ist wichtig, dass wir die Bedeutung von Dürren in aufeinanderfolgenden Jahren erkennen und einen ganzheitlichen Rahmen zur Modellierung des Risikos entwickeln."

Die Folgen sind sichtbar: Ernteausfälle, Waldbrände und Bäumesterben, Straßenschäden, Einschränkungen des Containertransports auf den Flüssen, Hitzebedingte Tode, Austrocknen der Bäche und Löschteiche...

Auch wenn die  LANUV-Wasserszenarien für den Niederrhein noch vergleichsweise komfortabel sind: Regionale Strategien zum Umgang mit Trockenheitsperioden und Dürrefolgen sind vonnöten.

16. September 2018 - Nachhaltige Vollzugsdefizite: Über die Nitratstudie des Kreises Viersen

Im Sommer 2020 forderte Bundesumweltministerin Svenja Schulze ein Umdenken bei der Verteilung von Wasser. Für die Nutzung brauche es neue Regeln und eine Wasserhierarchie. Beim nationalen Wasserdialogs erhielt sie Unterstützung durch die Wissenschaft. Bei der Abschlusspressekonferenz zum Wasserdialog am 8. Oktober 2020 war die Rede vom Wasserstress und den Risiken für die Daseinsvorsorge. Wasserdargebot – damit wird das verfügbare Wasser umschrieben. Im langfristigen Mittel beträgt es 188 Milliarden Kubikmeter. 2018 lag es bei bei nur 119 Milliarden Kubikmeter. Wenn wir zu viel des vorhandenen Wassers nutzen, drohen Umweltprobleme:  Grundwasser in Küstennähe versalzt, Moore und Feuchtgebiete trocknen aus und setzen zusätzliche Treibhausgase frei...

Was bedeutet "Das Undenkbare denken" im Grünbuch 2020?

Der Verein "Zukunftsforum Öffentliche Sicherheit" enstand 2007nach eine fraktionsübergreifenden Initiative von Bundestagsabgeordneten.  Gemeinsam mit Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Sicherheitsbehörden denken sie das „Undenkbare", beleuchten Risikoszenarien, entwickeln Thesen formulieren Leitfragen und beschreiben Lösungsansätze. Das Forum möchte „stärker erkenntnisorientiert und weniger interessengeleitet“ das öffentliche Problembewusstsein für den Umgang mit Risiken schärfen.

In welche Bedrängnis die öffentliche Trinkwasserversorgung durch wiederkehrende Dürren und eine Resilienz und Vorsorge ignorierende Ökonomisierung geraten könnte, beschreibt der Berliner Think-Tank im 67-seitigen Grünbuch 2020 zur Öffentlichen Sicherheit. Es erschien am 18. Dezember 2020.

Das Grünbuch schildert in einem drastischen Szenario, wie es der Familie Weber im August 2030 auf dem Höhepunkt einer Hitzewelle bei 45 Grad im Schatten nach sechs Jahren Dürre ergehen könnte. Da geht es um fehlende Klimaanlagen, aussetzende Telefonleitungen, um Stromausfälle, um das Fehlen von Notbrunnen und Hitzeaktionsplänen, um erschöpfte Hilfskräfte, verformte Schienen, um Brände und ausgetrocknete Löschteiche, um versagende Abwassersysteme, steigende Lebensmittelpreise, blank liegende Nerven, um Hitzetote und überlastete Beerdigungsinstitute. „Einige Regionen in Deutschland leben inzwischen mit Ersatzwasserversorgung, die vor allem Krankenhäuser und Pflegeheime vor kaum lösbare Probleme stellt.“ 

Etliche seit 2025 getroffene Vorsorgemaßnahmen würden nicht mehr ausreichen: Zisternen in Gärten, Brauchwasser-Aufbereitung für die landwirtschaftliche Bewässerung, Vorrats- und Lagerhaltung, immer weiter ausgedehnte Nutzungsverbote, die Gründung einer nationale Wasserkommission für neues Wassermanagement…

5. September 2022: Den inneren Wert des Wasserkreislaufs anerkennen

Das Zukunftsforum fordert daher einen bundeseinheitlichen Hitzeaktionsplan, ein nationales Wasser- und Ressourcenmanagement mit dezentraler Logistik, die Ausweitung einer notstrombasierten Trinkwasseraufbereitung, mehr Personal und technische Ressourcen für Rettungsdienste und den Zivil- und Katastrophenschutz, die Härtung öffentlicher Liegenschaften gegenüber Wetterextremen und Stromausfall oder den Ausbau des Warn- und Informationsmanagements für die Bevölkerung.

Im ersten Grünbuch 2008 monierte das Forum unter anderem, dass für den Umgang mit einer Pandemie überregionale Notfallplanungen und eine Vorratshaltung von medizinischem Material fehlten. Das Forum ließ damals offen, ob im Falle einer Seuche die föderalen Strukturen des Gesundheitswesens und Katastrophenschutzes geeignete Organisationsformen zur Krisenbewältigung seien. Das Forum befürchtete, dass eine Krisen- und Katastrophenlage weniger durch die Infektion selbst als vielmehr durch die notwendigen Maßnahmen zu ihrer Bekämpfung – wie die Schließung von Schulen oder das Verbot von Massenveranstaltungen – hervorgerufen werden könne…Manches liest sich aus heutiger Perspektive wie eine zutreffende Prophezeiung. 

Nicht nur das Mengenproblem sorgt für Wasserstress. Die  Wasserqualität ist seit Jahrzehnten wieder in der Diskussion. Das ist ist nicht nur auf verfeinerte Messtechniken zurück zu führen. Nach den Erfolgen der Wasserpolitik in den 1980er Jahren ließ die öffentliche Aufmerksamkeit für Wasserthemen stark nach. Doch die Diskussionen um Nitrat, Arzneimittelreste, Spurenstoffe oder Mikroplastik zeigt: Das Thema Wasser ist wieder ganz oben auf der politischen Agenda.       

Warum klären Kläranlagen nicht alles? 

Abwasserreinigung nach dem Stand der Technik“ - das galt über Jahrzehnte als Inbegriff moderner Wasserpolitik. Dass Kläranlagen nicht alles klären können,  wurde in den 1990er Jahren deutlich. Verfeinerte Messtechniken und neue „Suchaufträge“ zeigten: Geklärtes Abwasser enthält hormonwirksame Chemikalien. Zyniker*innen sagen: "Je besser die Analyse, desto schlechter unser Wasser".

20. Januar 2021 - IAWR-Appell: Wasser schützen - GAP umsteuern

In Europa werden bis zu 100.000 Chemikalien eingesetzt. Sie reichern sich in der Luft, im Wasser und in Böden an. Manche zersetzen sich erst nach Jahrzehnten. Andere gelten als Ewigkeitschemikalien.  Die EU hat bereits vor vielen Jahren ein umfassendes System zur Registrierung dieser Stoffe aufgebaut, genannt REACH. Die Kommission möchte das System erweitern und verbessern.  Am 14. Oktober 2020 verabschiedete sie unter der viel versprechenden Überschrift "Towards a Toxic Free Envirionment" ihre Chemikalienstrategie für Nachhaltigkeit.  Konkrete Gesetzentwürfe sollen noch folgen...

Versickertes, weggespültes, anlagengeklärtes Wasser... Das und noch viel mehr nimmt die Niers auf. Sie enthält  Medikamentenwirkstoffe wie Atenolol, Bezafibrat, Bisoprolol, Clarithromycin, Diclofenac, Erythromecin, Ibuprofen, Iopamidol, Irgarol, Naproxen, Roxythromecin, Sotalol, Sulfamethoxazol oder Trimethroprim. Die Grenzwerte für die Industriechemikalien polychlorierte Biphenyle (PCB) 138, PCB-153 und Perfluoroktansulfonsäure (PFOS) oder das Totalherbizid Glyphosat werden nicht nur in der Niers überschritten. Wasserland ist kein Sauberland.

Wenn Menschen Chemikalien oder Medikamente herstellen, verarbeiten, verwenden oder entsorgen, gelangen Schadstoffe in Konzentrationen von Nano- oder Mikrogramm ins Wasser. Wir selbst wissen nicht, wieviel von diesen Mikroverunreinigungen wir über’s Klo,  die Waschmaschine oder als Feinstaub über die Luft der Kläranlage zuführen. Wir wissen nicht, welche Folgen das für unsere Gewässer hat und wie sich die Mikrostoffe auf die menschliche Gesundheit auswirken. 

Wasser abweisend, Schmutz abweisend, Fett abweisend... Es gibt mehr als 5.000 unterschiedliche per- und polyfluorierte Chemikalien (PFAS oder PFC), die wegen ihrer einzigartigen Eigenschaften in Kochgeschirr, Outdoorkleidung als Kältemittel, in der Papierproduktion oder in Feuerlöschschäumen eingesetzt werden. Die Kehrseite: die Chemikalien sind so stabil, dass sie weltweit im Wasser, im Boden und in der Luft, aber auch in Tieren, Pflanzen und im Menschen nachgewiesen werden können. Sie sind kaum abbaubar und stellen ein Risiko für die menschliche Gesundheit dar. Perfluoroktansulfonsäure (PFOS) oder Perfluoroktansäure (PFOA) werden bereits seit den 1950er Jahren hergestellt und verwendet. Zu diesen Stoffen liegen toxikologische Informationen vor. Bei den meisten neueren Stoffen sind die genauen chemischen Strukturen, deren Verhalten in der Umwelt und deren Wirkungen auf den Menschen unbekannt. Wir setzen nicht abbaubare Ewigkeitschemikalien in die Umwelt, wissen aber nicht wie sie wirken. Unter dem Titel "Gekommen um zu bleiben" widmete sich das Magazin des Umweltbundesamts im Juni 2020 den PFAS als Schwerpunktthema. Sie sind ein unbekanntes Risiko. Die  EU-Kommission möchte ihre Verwendung schrittweise einstellen.

Plastikmüll ist nicht nur in Form von Tüten oder Verpackungsfolien ein großes Umweltproblem, sondern auch als mikroskopisch kleiner Abrieb von Autoreifen oder als Inhaltsstoff in Peelings und anderer Kosmetik.  Das Mikroplastik wird im Wasser von Tieren gefressen und gelangt so in die Nahrungskette. Im Juli 2020 veröffentlichte ein deutsch-norwegisches Forscherteam unter Federführung von Christian Scherer (Bundesanstalt für Gewässerkunde) einen Bericht ihrer spektroskopischen und thermonanalytischen Untersuchungen an 12 Standorten entlang der Elbe. Ihr Ergebnis: im Durchschnitt 5,57 Partikel Polyethylen und Polypropylen pro Kubikmeter Elbwasser, die 600.000-fache Konzentration fanden sie im Elbsediment. Sedimente in Fließgewässern sind eine bedeutende Senke für das im Wasser enthaltene Mikroplastik.

Ihre Untersuchungsergebnisse stimmen weitgehend mit bereits erforschten Flüssen und Sedimenten überein. Ihr Fazit: Auch für Süßwassersysteme ist Kontamination durch Mikroplastik ein globales Problem. Ähnlich hatte es bereits der Ausschuss Oberirdische Gewässer und Küstengewässer bei der  Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA)  in ihrem Sachstandsbericht vom 18./19. September 2019 zu Mikroplastik-Partikeln in Gewässern beschrieben: "Mikroplastik in Binnengewässer ist allgegenwärtig". 

Das Problem: "Es bestehen noch erhebliche Wissenslücken hinsichtlich des Umweltverhaltens und der Umweltfolgen von Mikroplastik." Essentiell für  eine Risikobewertung seien entsprechende Untersuchungen, doch die aktuellen Testdesigns seien nicht auf Mikroplastik übertragbar. Selbst die "Einstiegspunkte" der Plastikverschmutzung seien noch nicht verstanden. Fazit des LAWA-Ausschusses: "Kunststoffe sind für die Gesellschaft unverzichtbar. Sie haben das Potenzial, den menschlichen Fußabdruck auf die Umwelt zu reduzieren und andere Materialien zu ersetzen, die weniger umweltfreundlich sind. Gegenwärtig führt die Anwendung von Kunststoffprodukten jedoch zu einer Verschmutzung der Umwelt durch Kunststoffreste. Wenn sich dies in Zukunft nicht ändert, können die Vorteile durch ihre Kosten im Hinblick auf Schäden an der Umwelt überlagert werden.“

Der direkte Zusammenhang zwischen landwirtschaftlicher Intensivnutzung und hohen Nitratwerten im Wasser ist wissenschaftlich belegt. Die  EU-Nitratrichtlinie vom 12. Dezember 1991 hat Deutschland erst am 18. September 2020 rechtlich umgesetzt. Zuvor musste es vom Europäischen Gerichtshof am 21. Juni 2018  dazu verurteilt und am 25.Juli 2019 von der Kommission daran "erinnert" werden: "Es besteht für die deutschen Behörden dringender Handlungsbedarf. Die Wasserqualität in Deutschland zeigt keine Anzeichen für Besserung. Die Qualität des Grundwassers in Deutschland gehört zu den schlechtesten in Europa“, erklärte der damalige EU-Umweltkommissar Karmenu Vella.  

"Man muss sich ja irgendwann entscheiden. Also, will ich meine Gewässer schützen, oder will ich einzelne Betriebe schützen?" So beschrieb  Dr. Jörg Rehberg vom Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft am 11. März 2020 beim Fachgespräch "Stoffeintrag" den Zielkonflikt zwischen Wasserschutz und Landwirtschaft.  Eine dritte Möglichkeit wäre es, die Gesetzmäßigkeiten einer industriell geprägten Landwirtschaft zu analysieren und die Agrarwende - gemeinsam mit den Einzelhandelskonzernen -  politisch anzugehen. 

19. Dezember 2020 - Ist Trinkwasserschutz "eine große Frage unserer Zeit"?

Bis heute arbeiten Experten an einer Strategie, wie man mit all diesen „Spurenstoffen“ der Zivilisation umgehen kann. Darüber diskutieren Vertreter*innen des Bundesumweltministeriums und Umweltbundesamts  mit Menschen aus Wasserwirtschaft, Industrie, Umweltschutz und Behörden. 

Zwischen 2017 und 2019 nannten sie es „Stakeholder Forum Spurenstoffdialog“. Dessen Ziel war es – so das Umweltbundesamt - „einen ausgewogenen Mix aus quellen- und anwendungsorientierten sowie nachgeschalteten Maßnahmen mit einer ausreichenden Effektivität bei möglichst hoher Effizienz zu identifizieren, um den Eintrag von Spurenstoffen in die aquatische Umwelt zu vermeiden bzw. zu vermindern.“

Im März 2019 veröffentlichten sie ein Ergebnispapier. Es soll eine „nationale Spurenstoffstrategie“ vorbereiten. Derzeit geht's um Machbarkeitsanalysen. Ein Arbeitsmittel sind „Lösungsorientierte Runde Tische“. Die können sich zum Beispiel im Detail mit Urinsammel- und -reinigungssystemen  in Krankenhäusern beschäftigen, um jodorganische Kontrastmittel im Abwasser zu vermeiden.

Prof. Schitthelm an seinem Arbeitsplatz ® Niersverband

Prof. Dr. Dietmar Schitthelm ist bis April 2021 Vorstand des Niersverbandes. Er und sein Abteilungsleiter „Gewässer und Labor“ Dr. Wilfried Manheller haben am „Spurenstoffdialog“ mitgewirkt. Schitthelm hält zum Rückhalt von Mikroplastik, Bakterien – insbesondere multiresistenten – und Viren sowie von Mikroverunreinigungen den Ausbau von Kläranlagen mit so genannten vierten Reinigungsstufen für geeignet. Er will mit Unterstützung der RWTH Aachen eine entsprechende Pilot- und Forschungsanlage an der Kläranlage Nette einrichten. 

Die NRW-Landesregierung lehnt eine flächendeckende Einführung der vierten Reinigungsstufe ab. Sie setzt auf technologische Weiterentwicklung und den punktuellen Ausbau der Kläranlagen - "dort wo es notwendig ist". (Rede von Ministerin Ursula Heinen-Esser bei der 52. "Essener Tagung" zur Wasserwirtschaft am 20.3.2019 in Aachen: "Gewässerpolitik in Nordrhein-Westfalen". Ähnlich stand  es bereits im NRW-Koalitionsvertrag 2017 - 2022. 

An der Frage, wer die Kosten für die Entfernung oder Reduzierung der Mikroverunreinigungen trägt, scheiden sich die Geister. Die Pharmaindustrie winkt ab.  Die Bundesregierung möchte die milliardenschweren Ausgaben über die Abwasserabgabe finanzieren lassen. Das begrüßt Ursula Heinen-Esser.

Professor Schitthelm: "Dies bedeutet allerdings, dass die zu erhebende Abwasserabgabe deutlich gesteigert werden muss und die an die Kläranlagen angeschlossenen Einwohner diese zusätzlichen Mittel werden aufbringen müssen.“ 

Professor Schitthelm hat stattdessen ein Fondsmodell  zur Finanzierung der Abwasserbehandlung entwickelt. Es schafft Anreize Spurenstoffe zu vermeiden oder zu verringern, weil Verursacherabgaben  nach dem Grad der Spurenstoff-Schädlichkeit anfallen. Der  Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) hat sich Schitthelms Modell zu eigen gemacht. Eine von ihm in Auftrag gegebene Studie der civity Management Consultants stellt das Fondsmodell als eine verursachergerechte und unbürokratische Finanzierungslösung vor.  

Spurenstoffe machen es schwieriger und teurer, unser Abwasser zu entsorgen und unser Trinkwasser aufzubereiten. Wasserpolitik will Wassernutzung und Wasserschutz. Das eine ist individuelles Menschenrecht und Grundlage der Wirtschaft. Das andere ist Aufgabe aller.  

Schadensverursacher*innen und Schadensprofiteure tragen eine besondere Pflicht bei der Bewältigung der Folgen. Zum Erhalt des "Ewigkeitsguts" sollten die Vorsorge- und Verursacherprinzipien zur Umsetzung einer nachhaltigen Wasser- und Gewässerpolitik gehören.  Die Mikroverunreinigungen beeinflussen die Gewässerökologie. Sie sind eine Ursache für den  Artenschwund im Wasser. Sie verdeutlichen die Grenzen der nachsorgenden Aufbereitungstechnik. Auch eine vierte Reinigungsstufe wird eine Übergangslösung bleiben. Effektiver als eine weitere End-of-the-pipe-Technik ist die Vorbeugung. Einen Schaden zu vermeiden ist gesamtgesellschaftlich günstiger als ihn zu reparieren. Das müsste sich auch in volks- und betriebswirtschaftlichen Ziffern widerspiegeln. Für den volkswirtschaftlichen Schaden, der durch die Spurenstoffe entsteht,  sind zunächst die Hersteller in die finanzielle Verantwortung zu nehmen. Entsprechende Medikamenten- oder Spurenstoffabgaben können lenkend wirken und der Schadstoffvermeidung Vorschub leisten. 

Was will die EU-Trinkwasserrichtlinie?

Die Wasserrahmenrichtlinie entstand in einer Zeit, als die EU-Kommission nach dem Strom- und Telekommunikationsmarkt mit einer Konzessionsrichtlinie auch den "Wassermarkt" in den EU-Ländern "liberalisieren" wollte. Die Trinkwasserversorgung sollte durch Wettbewerb "billiger und kundenorientierter" werden. Dies löste die erste erfolgreiche europäische Bürgerinitiative aus: Right2Water („Wasser ist ein Menschenrecht“). Nachdem sie mehr als eine Millionen Unterschriften gesammelt hatte,  wurde 2013  "Wasser" aus dem Geltungsbereich der Konzessionsrichtlinie herausgenommen. 

2017 nahm die Kommission "Right2Water" zum Anlass, die Trinkwasserrichtlinie zu überarbeiten. Nach einigen "Verwässerungen" wurde am 15. Dezember 2020 die Zustimmung des Europäischen Parlaments zum Verhandlungsergebnis über die „Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch“ verkündet. Sie wird im Januar 2021 in Kraft treten und muss bis Frühjahr 2023 in nationales Recht umgesetzt werden. 

Damit wird die Forderung von „Right2Water”  nach einem EU-weiten Zugang zu sauberem Trinkwasser europäisches Gesetz. In Deutschland wird der Bau öffentlicher Wasserspender Pflicht. Sie werden allen Menschen zur Verfügung stehen. Dadurch soll nicht nur die Wasserversorgung von besonders schutzbedürftigen Personen verbessert, sondern auch die Nutzung von Einweg-Plastikflaschen verringert werden. Öffentliche Wasserspender ermöglichen ein besseres Leben mit weniger materiellem Konsum. 

Die Richtlinie schreibt vor, dass große Trinkwasserversorger, die für über 50.000 Menschen zuständig sind, über ihre Eigentümer- und Entgeltstruktur, über ihre Wasserverluste und zusammenfassend über Beschwerden ihrer Kundinnen und Kunden informieren müssen.

Ab Frühjahr 2026 gelten Grenzwerte für bisher nicht im Trinkwasser gemessene Substanzen wie Chlorit, Chlorat, Halogenessigsäuren, Microsystin-LR, Uran oder das umstrittene Bisphenol A, einem Bestandteil vieler Plastikprodukte des täglichen Gebrauchs. Die Europäische Chemieagentur hatte den Stoff als besonders besorgniserregend eingestuft. Er wirkt wie ein Hormon und kann zu Diabetes, Fettleibigkeit oder Entwicklungsstörungen bei Kindern führen. Die neue Richtlinie halbiert die bestehenden Grenzwerte für Blei und Chrom im Trinkwasser.

Um die Menschen auch vor anderen hormonellen und pharmazeutischen Spurenstoffen, vor Mikroplastik oder den als Ewigkeitschemikalien bezeichneten perflourierten Alkylsubstanzen (PFAS) zu schützen, wird die Europäische Kommission derartige mit einem Gesundheitsrisiko verbundene Stoffe bis Anfang 2022 auf eine Beobachtungsliste (Watchlist) setzen. Die Trinkwasserversorger werden verpflichtet, diese Substanzen zu messen. Auf Basis der so gesammelten Daten sollen dann verbindliche Grenzwerte festgelegt werden.

Foto: Simon Ritter

Sven Giegold, Schattenberichterstatter der Grünen/EFA-Fraktion für die Neufassung der Trinkwasser-Richtlinie, kommentiert den „Erfolg für die europäische Demokratie“: „Die Entscheidung ist ein großer Fortschritt für die Sauberkeit und den öffentlichen Zugang von Trinkwasser. Ganz Europa wird öffentliche Trinkwasserspender bekommen. Das Leitungswasser in Europas Haushalten wird durch strengere Grenzwerte für Hormongifte sauberer werden. Viele Menschen werden dadurch kein Trinkwasser mehr kaufen müssen, sondern können auf Leitungswasser umsteigen. Sauberes Leitungswasser ist ein wichtiger Baustein für nachhaltigen und ressourcenschonenden Konsum. Sauberes Trinkwasser bedeutet Verbraucher- und Umweltschutz zugleich. Es werden weniger Plastikflaschen benötigt, wenn Trinkwasser sauberer und öffentlich zugänglich ist. Dieser Erfolg gehört der europäischen Bürgerinitiative „Wasser ist ein Menschenrecht“. Als Wermutstropfen bleibt, dass die Bundesregierung und andere Regierungen die Richtlinie in vielen wichtigen Punkten abgeschwächt haben. Trotz der Verwässerung durch die Regierungen bleibt ein gutes Ergebnis, das wir in erster Linie der Zivilgesellschaft verdanken.“

Der Verband der kommunalen Unternehmen (VKU), dessen Mitglieder mehr als 90% aller Deutschen mit Trinkwasser versorgen, ist überzeugt, dass die EU mit der Richtlinie „die Wertschätzung des Wassers und das Vertrauen der Bürger in ihr Wasser stärkt“.

Der Schwalmtaler Europaabgeordnete Stefan Berger freute sich am 17. Dezember 2020 auf seiner Facebook-Seite darüber, dass die EU-Gesetzgebung mit der Richtlinie „die Trinkwasserversorgung noch sicherer" mache“. 

Was ist die Wasserrahmenrichtlinie?

Die Europäische Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) (Water Framework Directive – WFD) gilt als das ehrgeizigste Gesetz der Europäischen Union im Bereich Wasser. Sie ist der Versuch einer eigenständigen, dem Lebenselement Wasser entsprechenden Politik. Ihr Leitprinzip: „Unser Wasser muss besser und darf nicht schlechter werden“.  Parlament und Rat fassten mit der WRRL rund 30 Gewässerschutzrichtlinien zu einem übergreifenden Gesamtkonzept zusammen, das  die europäischen Regeln über Nitrat und Abwasser ergänzte. Hinzu kamen später die Grundwasserrichtlinie oder die Richtlinie über die Bewertung und das Management von Hochwasserrisiken

Mit der WRRL verabschiedeten Parlament und  Rat am 23. Oktober 2000  einen Ordnungsrahmen für den Schutz und die nachhaltige Bewirtschaftung der Gewässer in Europa. Er trat am 22. Dezember 2000 in Kraft.

Mit der 7. Änderung des Wasserhaushaltsgesetzes übernahm der Bundestag die WRRL am 22. März 2002. In NRW war es erst am 3. Mai 2005 soweit. Nach einer längeren öffentlichen Debatte passte der Landtag das nordrheinwestfälische Landeswassergesetz an die WRRL an. Streit gab es vor allem um die Frage, was eine 1:1 – Umsetzung der Richtlinie im industriereichen NRW bedeutet. Manche befürchteten „Standortnachteile“, wenn NRW das Wasser mehr schützt als „Brüssel verlangt“. Es gibt Sichtweisen, die Menschen aus anderen Kulturen gar nicht in den Sinn kämen...

Die Wasserrahmenrichtlinie galt und gilt bis heute parteiübergreifend als der Beginn eines Wegs in eine neue Ära der europäischen Wasserpolitik. Sie vollzog einen Paradigmenwechsel in der Wasserwirtschaft. Wassernutzung soll "unter Zugrundelegung des Verursacherprinzips" kostendeckend berechnet werden. In die Kostenberechnung fließt der Aufwand für den Gewässerschutz und die ökologische Qualität des Wassers ein.

Gewässermanagement ist orts- und regionalspezifisch. Daher stellt die WRRL lediglich allgemeine Qualitätsziele auf und und gibt Methoden an, wie diese zu erreichen und zu erhalten sind. Die WRRL liefert das  "Handwerkszeug“ zum nachhaltigen Schutz der Wasserressourcen. Nachdem sie den Ist-Zustand erfasst haben, legen Wassermanager*innen unter Beteiligung der Öffentlichkeit den Sollzustand fest. Der gilt  im besten Fall als wissenschaftlich begründet, verhältnismäßig und abgewogen 

Ausschlaggebend für die Bewertung des Ist-Zustands sind physikalische, biologische, morphologische und chemische Parameter und alle Wassernutzungen, Einleitungen und Entnahmen. Untersucht werden Artenzusammensetzung und –häufung von Kleinstlebewesen, Algen, Wasserpflanzen und Fischen. Erfasst werden Schadstoffe, Nährstoffe, Sichttiefen, die Strukturen der Uferzone und Wasserstandänderungen. 

Gewässerökologische Aspekte des terrestrischen Ökosystems finden in der WRRL noch zu wenig Berücksichtigung.  Das meint nicht nur Dr. Stephanie Natho, Geoökologin an der Universität Potsdam. Sie will die Fluss- und Bachauen stärker in die Qualitätsbeurteilung einbeziehen. In der WRRL wird der Begriff "Flussaue" nicht verwendet. Dennoch stellt das Bundesamt für Naturschutz fest: "Flussauen stellen in Deutschland seit langem ein gemeinsames Handlungsfeld von Naturschutz und Wasserwirtschaft dar." Das Bundesamt hat entsprechende Handlungsempfehlungen veröffentlicht. 

Wer am Ende der Bewirtschaftungsperiode die Maßnahmen nicht gestemmt hat, muss melden, dass er das Ziel des guten Zustands nicht erreichen kann oder will. Er wird durch ein „rot“ auf den entsprechenden Gewässergütekarten „bestraft“.

Umstritten ist dabei das „One Out- All out-Prinzip“ der WRRL. Das bedeutet, wenn einer der Parameter unter dem Standard liegt, kann ein Gewässer nicht als ökologisch oder chemisch gut eingestuft werden, auch wenn sich die Wasserqualität verbessert hat. Das stellt sicher, dass das Wassermanagement mit den Maßnahmen alle Wasserprobleme angeht. Das entspricht der Erkenntnis, dass Ökosysteme aus komplexen, miteinander verbundenen und voneinander abhängigen Beziehungen, Prozessen, Bedingungen und Wechselwirkungen bestehen. Der Zustand eines Gewässers misst sich daher immer an seinem schlechtesten Wert. „One out – all out“ verhindert „Rosinenpickerei“ wird aber als „Motivationsbremse“ oder „Kommunikationshindernis“ kritisiert, weil Gewässer trotz beachtlicher Teilerfolge im „roten Bereich" bleiben.

Die Richtlinie enthält zahlreiche Ausnahmeregelungen. Unter bestimmten Umständen können Fristen verlängert und die Umweltziele weniger streng verwirklicht werden. Bei höherer Gewalt, Dürren, Überschwemmungen usw. entfällt das Verschlechterungsverbot. Das gilt auch bei "übergeordnetem öffentlichen Interesse" oder großem Nutzen für Gesundheit, Sicherheit oder für die nachhaltige Entwicklung. Was darunter zu verstehen ist, entscheiden am Ende die Gerichte...

Wenn die für einen guten ökologischen Zustand erforderlichen hydromorphologischen Veränderungen sich negativ auf die Umwelt, auf Schifffahrt oder Freizeitnutzung, auf Trinkwasserversorgung, Stromerzeugung oder Bewässerung, auf den Hochwasserschutz oder "andere ebenso wichtige nachhaltige Entwicklungstätigkeiten des Menschenauswirken, wenn sie technisch nicht durchführbar oder unverhältnismäßig teuer sind, dann kann das Gewässer als "künstlich oder erheblich verändert" eingestuft werden. Damit ist es quasi von der Pflicht zum guten ökologischen Zustand befreit. Es reicht ein gutes ökologisches Potenzial. Für das Flussgebiet Maas trifft das auf ca. 60% der Gewässer zu.  Mit dem "guten ökologischen Potenzial" (GÖP) wird die Öffentlichkeit über den eigentlichen Zustand des Gewässers im Unklaren gelassen. 

Die WRRL überwindet Grenzen. Sie richtet sich nicht mehr nach administrativen und politischen Einheiten. Im Blickpunkt der Bewirtschaftungspläne stehen Flussgebietseinheiten, die die Gewässer von der Quelle bis zur Mündung - einschließlich ihrer Einzugsgebiete und dem dazugehörigen Grundwasser - betrachten. Erstrecken sich die Flussgebietseinheiten über Staatsgrenzen hinweg, müssen die EU-Mitgliedsstaaten ihre Schutzmaßnahmen abstimmen. Für den Fischbestand von essenzieller Bedeutung ist die Durchgängigkeit der Gewässer.

Der kleine Kranenbach zwischen Schwalmtal und Brüggen gehört zur Internationalen Flussgebietseinheit Maas (IFGE). Sie erstreckt sich auf Teile von Frankreich, Luxemburg, Belgien, Deutschland und den Niederlanden. Es geht beim Kranenbach auch um Meeresschutz. Jeder Wassertropfen, der auf die Oberfläche der IFGE trifft, gelangt über die Maas in die Nordsee.

Die WRRL wirkt sich auf andere Politikbereiche und Verwaltungssektoren aus. Am Niederrhein betroffen sind zum Beispiel die Zusammenarbeit mit den Niederlanden oder eine Landwirtschaft, die die Zahl der Tiere von der vorhandenen Fläche entkoppelt oder deren Düngepraxis das Wasser belastet.

Dennoch ist die WRRL "politisch einsam". Noch ist sie nur ansatzweise in die Industrie- und Verkehrspolitik, in die Forst- und Landwirtschaft, in die Raum- und Bauleitplanung integriert. Ihre Perspektiven sind noch nicht mit denen des Natur- und Klimaschutzes verzahnt. Im Rahmen des European Green Deal soll dies geändert werden. 

WRRL- Programme werden nicht nur aus gewässerökologischen Erwägungen aufgestellt.  Den Sechsjahres-Plan zur Wasserbewirtschaftung erarbeiten Ministerialbeamte gemeinsam mit Vertreter*innen der Wasserbehörden, der Kommunen, der Wasser -und Bodenverbände, der und zahlreicher Interessegruppen. Erst nachdem sie Ausnahmen festgelegt und unterschiedliche Wassernutz- und Wasserschutzinteressen abgewogen haben, setzen sie im Plan konkrete Ziele fest und erstellen einen Katalog von Maßnahmen, die bestehende Belastungen vermeiden oder reduzieren sollen.

Das Vorsorge- und Verursacherprinzip spielt bei den Maßnahmenprogrammen immer noch eine eher untergeordnete Rolle. Die Verursacher*innen der Wasserschäden werden für die Wiederherstellung eines guten ökologischen Zustands des Wassers pauschal  in die Pflicht genommen. In der NRW-Broschüre „Lebendige Gewässer“ heißt es auf Seite 9 „Die heutigen Industriegesellschaften müssen dafür sorgen, dass im Umgang mit der natürlichen Ressource Wasser ein altes ökonomisches Prinzip zur Geltung kommt: Nicht vom Kapital, sondern von den Zinsen leben. Das bedeutet: Man muss sich heute für Technologien entscheiden, die morgen mehr aus dem Rohstoff machen. Ökologische Sparsamkeit ist keine Pfennigfuchserei, sondern Achtsamkeit für den Naturverbrauch.

Pfennigfuchserei gab und gibt es dennoch um den nordrhein-westfälischen Wasserpfennig. (Wasserentnahmeentgeltgesetz): 2004 als Folge der WRRL eingeführt, 2009 abgeschafft, 2011 wieder eingeführt…2019 schlug der Bund der Steuerzahler vor, den Wasserpfennig wieder abzuschaffen. Er mache das Wohnen in NRW teurer, sei damit ein Standortnachteil und Investitionshindernis.

Die NRW-Landesregierung investiert jährlich 80 Millionen Euro, um Gewässer wieder naturnah und durchgängig zu gestalten und natürliche Überschwemmungsflächen herzustellen. Es gibt in NRW keinen Rechtsanspruch auf Förderung einer Maßnahme. Es gilt die Förderrichtlinie des Ministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz vom 11. April 2017. Das Umweltbundesamt informiert über weitere Möglichkeiten der Finanzierung und Förderung von Gewässerrenaturierungen.

Förderprogramme zum Beispiel aus der Landwirtschaft oder der Regionalentwicklung können noch nicht direkt genutzt werden. Finanzielle Synergien zum Beispiel durch die Verknüpfung mit der kommunalen Bauplanung und dem Bundesnaturschutzgesetz werden wenig wahrgenommen.

Bei der WRRL geht es nicht ausschließlich um gewässerökologische Maßnahmen. In Artikel 4 beschreibt sie das Verschlechterungsverbot und Verbesserungsgebot für die Gewässer. Das sind nicht nur Zielvorgaben für die Bewirtschaftungspläne. Sie gelten für die gesamte öffentliche Verwaltung . Das hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) am 1. Juli 2015 mit seiner Entscheidung zur Weservertiefung bestätigt. Sofern kein übergeordnetes öffentliches Interesse für eine Ausnahmeregelung besteht, verpflichtet der EuGH die Behörden konkrete Vorhaben zu versagen, wenn sie eine Verschlechterung des Gewässerzustands verursachen oder die Erreichung eines guten Zustands gefährden können. Die "one out–all out–Regel" bedeute nicht, dass ohnehin schlecht bewertete Gewässer in einzelnen Komponenten weiter verschlechtert werden können. Jede Verschlechterung verletze den Artikel 4 der WRRL, entschied der EuGH.

Was passiert im Kreis Viersen?

Quelle: MULNV 2020

Im Kreis Viersen fungieren der Netteverband, der Schwalmverband, der Wasser- und Bodenverband Mittlere Niers und der Niersverband als WRRL-Maßnahmenträger. Auf ihren Homepages sind zum Teil Projektbeschreibungen oderJahresberichte zu finden.

Die Seite Maas-Nord NRW-Niers/Schwalm enthält  die aktuellen Planungseinheitensteckbriefe und Umsetzungsfahrpläne und Kurz-Informationen zu den Dilborner Benden an der Schwalm, zur Schwalmaue Vennmühle, zum Fischaufstieg Brüggener Mühle oder zu Auenentwicklung an der Niers.

Die Daten des 2015er-Monitorings zeigen. So intakt wie „Niederrhein-Tourismus“ suggeriert, ist die Gewässerlandschaft rund um Niers, Schwalm und Nette nicht. Ökologischer und chemischer Zustand steht in vielen Planungseinheiten „auf rot“. Was in den letzten Jahren wo verbessert wurde oder sich verschlechtert hat, wird dem neuen Bewirtschaftungsplan 2022-2027 zu entnehmen sein. Er erscheint am 22.Dezember 2020.

Für Maßnahmen „ihres Teileinzugsgebiets“ gab die Bezirksregierung Düsseldorf im Jahr 2019 knapp 3,8 Millionen Euro aus. Das Gebiet besteht aus dem „Rheingraben-Nord“, der „Wupper“ und „Maas Nord“ (Niers/Schwalm). Finanziert werden rund 80% der Gesamtkosten. 2019 flossen 214.324 Euro in den Kreis Viersen. Sie finanzierten Maßnahmen und Grundstückskäufe am Hammer Bach, in der Willicher Fleuth oder im Grefrather Schwarzbruch. 2018 waren es 447.144 Euro, zum Beispiel für den unteren Mühlenbach, die Willicher Fleuth, die Nette oder den Kranenbach. Die Schwalmtaler Kranenbach-Sanierungen und der Durchlassbau am Kranenbachcenter wurden insgesamt mit über 720.000 Euro bezuschusst.

Seit Mai 2019 kümmert sich „der Biber“ erfolgreich um die Gestaltung der Amerner Kranenbachaue. Dieser streng geschützte „Motor der Biodiversität“ braucht ungefähr drei Kilometer Uferlänge für seine Arbeit. Seine unbürokratische Landschaftsgestaltung spielt nicht nur im Kreis Viersen eine wachsende Rolle. Sie steht in den allermeisten Fällen im Einklang mit dem Verbesserungsgebot und dem ökosystemischen Ansatz der europäischen Wasserrahmenrichtlinie. Biberarbeit ist wertvoll, spart Kosten, zählt jedoch nicht zum nordrhein-westfälischen Bruttoinlandsprodukt.

Wie wird die Öffentlichkeit beteiligt?

Die Öffentlichkeit ist kontinuierlich über Maßnahmen und Bewirtschaftungspläne zu informieren und anzuhören. Damit sollen die Ziele der Richtlinie transparent werden. Dafür ist in NRW das Umweltministerium zuständig. Auf Seite 18 der Broschüre  Lebendige Gewässer schreibt das Ministerium:  „Das Land wünscht sich – anknüpfend an die demokratische Botschaft der europäischen Wasserrahmenrichtlinie – ausdrücklich die engagierte Mitarbeit der Bürgerinnen und Bürger: Die Entwürfe der Bewirtschaftungspläne werden im Vorfeld veröffentlicht. Die Öffentlichkeit kann dazu Stellung nehmen. Bürgerinnen und Bürger erhalten die Möglichkeit, sich in die praktischen Prozesse einzumischen und sich so für die heimischen Gewässer einzusetzen. Auch der direkte, intensive Informations- und Gedankenaustausch ist wichtig. Vor Ort finden deshalb regelmäßig Konferenzen und Runde Tische statt."

Das Ministerium lässt bei der Öffentlichkeitsarbeit von den Bezirksregierungen unterstützen. Die Düsseldorfer Bezirksregierung fungiert als Geschäftsstelle für die Teilgebiete. Rheingraben Nord, Wupper und Maas Nord mit Niers, Schwalm und Nette. Rechtsgrundlagen, Arbeitsmaterialien, Leitfäden, Bewirtschaftungspläne, Planungssteckbriefe und alles Wichtige rund um die Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie sind der vom NRW-Umweltministerium betriebenen Homepage „Flussgebiete NRW“ zu entnehmen. Das Wassernetz NRW begleitet die Umsetzung der WRRL aus Sicht der Naturschutzverbände.

Derzeit bereiten WRRL-Akteure den dritten Bearbeitungszyklus 2022 -2027 vor. Dazu hat das NRW-Umweltministerium am 3. Dezember 2018 den europaweit abgestimmten Zeitplan veröffentlicht. Demnach soll der Entwurf des dritten Bewirtschaftungsplan und Maßnahmenprogramms für die nordrhein-westfälischen Flussgebietseinheiten, Rhein, Weser, Ems und Maas  am  22. Dezember 2020 der Öffentlichkeit präsentiert werden.

Alle Interessierten können vom 22. Dezember 2020  bis zum 22. Juni 2021 Stellung zu dem Sechsjahresprogramm 2022-27 beziehen. Im 1. Quartal 2021 plant die Bezirksregierung dazu einen Informationsworkshop. Vorgespräche und runde Tische fanden - eher abseits der öffentlichen Wahrnehmung - im ersten Halbjahr 2020 statt. Die geplanten Abstimmungen mit den Naturschutz- und Fischereibehörden und mit den Sportverbänden fielen allerdings coronabedingt aus.

Für die nationalen Verwaltungskulturen und etablierten Wassermanagementtraditionen stellt die Beteiligung der Öffentlichkeit von allen von der WRRL vorgeschlagenen institutionellen Neuheiten möglicherweise die größte Herausforderung  dar. Es gibt mittlerweile eine europaweite "WRRL-Community". Sie besteht eher aus Expert*innen, denen zum Beispiel die  CIRCABC-Website als Koordinations- und Kommunikationsmittel dient.  

Die Kommunen könnten die Öffentlichkeitsarbeit vor Ort stärken, indem sie aktuell und allgemeinverständlich auf ihren Homepages und per Pressemitteilungen über die kommunale Gewässerentwicklung und 3. WRRL-Periode informieren. 

Was macht die „aquatische Stressforschung“?

Wie es anders gehen könnte, zeigen Stressforscher*innen der besonderen Art. Unter Federführung der Abteilung Aquatische Ökologie an der biologischen Fakultät der Universität Duisburg-Essen beschäftigte sich ein Europäisches Forschungsteam zwischen 2014 und 2018  mit  Stressoren, denen die Gewässer ausgesetzt sind, wie man sie messen kann, welche Wechselwirkungen sie haben und was daraus für Umweltpolitik und Gewässermanagement folgt. 

Aus den gesammelten und gesichtete Daten und Erkenntnissen entstand eine Internetplattform für Wassermanager*innen und WRRL-Entscheider*innen.  Das Projekt nannte sich MARS. (Managing Aquatic ecosystems and Water Ressources under multiple Stress). Das Gesamtbudget betrug über 11,6, Millionen Euro. Die MARS-Recommondations geben wertvolle Hinweise zum Süßwassermanagement und zur Umsetzung der WRRL. 

In NRW forschen über 750 Wissenschaftler*innen in über 90 Gruppen rund ums Wasser. Jüngst kam das Kompetenzzentrum Digitale Wasserwirtschaft dazu. Es will als Informations-, Beratungs- und Austauschplattform dienen: "Wir sind Treiber für sinnvolle Innovationen und konkrete Lösungen. Auf einer gemeinsamen Wertebasis schaffen wir den Rahmen für neues Denken und 360° Perspektiven."

Im Rahmen des MARS-Projekts entstand ein anschaulicher Kurzfilm über die Bedeutung des „guten ökologischen Zustands“ für Mensch und Gewässer. Seit dem  Abschluss des Projekts informieren die "Freshwater Information Platform" über internationale Forschungsergebnisse und Wassermanagement Tools und der "Freshwater Blog" über Wissenschaft und Politik rund um den Süßwasserschutz. Er ist Teil der „Alliance for Freshwater Life“. Wichtige Stressoren,  mit denen sich die aquatische Ökologie beschäftigen muss, sind Erderhitzung und Nährstoffeinträge. Für stille Gewässer gilt der Nährstoffeintrag als hauptsächlicher Stressauslöser. Komplizierter ist die Analyse von Fließgewässern. Hier sind auch Wechselwirkungen zwischen chemischen, biologischen und morphologischen Stressoren zu untersuchen. Das macht das Ökosystemmanagement anspruchsvoll.

Wissen allein macht keinen Gewässerschutz, aber verständlich präsentierte Daten und Schlussfolgerungen helfen bei  Entscheidungen...

 Wie erfolgreich ist die WRRL?

Der Fischereiverband NRW schreibt zur WRRL auf seiner Homepage: "Wir Angler müssen uns dafür stark machen, dass es zukünftig keine Aufweichung der Ziele gibt. Wir müssen uns konsequent für naturnahe Gewässer und natürliche Fischbestände einsetzen." Die Bewirtschafter“ nennt sich ein österreichischer Verein. Er hat es sich zur Aufgabe gemacht, die bestehende Fisch-Bewirtschaftung zu hinterfragen und die Angler*innen zwischen Nutzung und Schutz der Fließgewässer zu positionieren. Für uns steht nicht die Entnahme von Fischen im Vordergrund, sondern das Erleben von intakten Gewässerlandschaften und deren Lebensgemeinschaften. In unseren Revieren erfolgt grundsätzlich kein Besatz", schreibt der Verein auf seiner Homepage. Im Film „Fluss.Mensch.Zukunft“ stellt er sein Konzept vor.

Für den Netteverband bilanziert Geschäftsführer Thomas Schmitz die WRRL-Arbeit: „Ich denke, dass der Netteverband bisher viel im Konsens mit den Kommunen und der Landwirtschaft erreicht hat. Allerdings sind die Umsetzungsmaßnahmen nur mit Hilfe von Fördermitteln und der Bereitstellung von Flächen möglich. Ebenso sind für die Gewässerausbauverfahren aufwendige und länger dauernde Plangenehmigungsverfahren erforderlich. Ein weiteres großes Problem bei den Gewässerausbauverfahren bereitet die Verwertung und Entsorgung von anfallendem Bodenmaterial.  Zudem erschwerten klimabedingte Austrocknungen der Gewässer Umsetzungsmaßnahmen des Netteverbandes.

Die Düsseldorfer Bezirksregierung fasste Anfang 2019 zusammen: Unsere Oberflächengewässer sind noch sehr weit von der Zielvorgabe der EU-WRRL entfernt. Die letzte Bestandsaufnahme von 2013 zeigt, dass lediglich 10 % unserer Oberflächenwasserkörper bisher bei der Wasserqualität und als ökologischer Lebensraum (Biologie, Gewässersohle, Ufer, Umfeld etc.) in einem guten Zustand sind. Die Pflichtigen für den Gewässerausbau und die Gewässerunterhaltung begründen die schleppende Umsetzung von WRRL-Projekten u.a. damit, dass die Finanzierung des Eigenanteils durch eine fehlende Verbindlichkeit zur Umsetzung der WRRL-Projekte nicht geleistet werden kann. Dieses gilt insbesondere für Kommunen in der Haushaltssicherung und für kleine Wasser- und Bodenverbände, die den ökologischen Gewässerausbau nicht in ihrer Satzung haben.“

Keine positive WRRL-Bilanz zieht der Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU) in seinem Umweltgutachten 2020 . Am 14. Mai 2020 stellte er sein Gutachten digital vor. 

Die Nähr- und Schadstoffbelastung unseres Wassers gibt dem SRU Anlass zur Besorgnis. Das deutsche Umsetzungsdefizit bei den WRRL-Maßnahmen sei überdurchschnittlich hoch. Die Schäden, die hierzulande seit Beginn der Industrialisierung durch Bodenversiegelung, Eindeichung und Verbauung entstanden sind, beständen großenteils weiter. Beim Wasserschutz liege Deutschland bis heute weit unter dem EU-Durchschnitt. Der Umweltrat bedauert, dass es bei der Anwendung der WRRL an Flächen, Geld, Personal und Akzeptanz fehle. Die große Bedeutung, die der Gewässerschutz für Umwelt und Klima hat, sei immer noch nicht ausreichend bekannt, bedauern die Professor*innen des Umweltrats. 

Prof. Dr. Manfred Niekisch war bis zum Sommer 2020 stellvertretender Vorsitzender des Sachverständigenrats für Umweltfragen. In seiner Präsentation vom 14. Mai 2020 zeigte er,  wie die Umsetzung der WRRL bei der Gewässermorphologie verbessert werden kann. Intakte Gewässer sind die Voraussetzung für funktionierende Ökosysteme, Artenvielfalt sowie lebendige Landschaften. Das spielt eine wichtige Rolle bei der Klimaanpassung.  „Für die Renaturierung der Flüsse müssen mehr Flächen an den Gewässern bereitgestellt werden.“ Außerdem erfordere die Umsetzung der europäischen Wasserrahmenrichtlinie eine verbindliche Planung sowie ausreichend Gelder und Fachpersonal. Auf den Fachkräftemangel in der Wasserwirtschaft weist auch NRW-Umweltministerin Ursula Heinen-Esser seit ihrem Amtsantritt immer wieder hin. 

Die deutschen Umwelt- und Naturschutzverbände luden am 15. November 2019 zum Gewässerschutzforum nach Dessau ein. In ihrer Abschlusserklärung "Gewässerschutz jetzt umsetzen" beklagen sie, dass es der bisherigen Umsetzung der WRRL an politischem Willen, finanziellen und personellen Ressourcen und adäquaten rechtlichen und organisatorischen Grundlagen mangele. Sie "fordern deshalb von Politik und Verwaltung auf EU-, Bundes- und Länderebene sowie den Kommunen ein ambitionierteres Handeln und wirksame, sektorübergreifende Maßnahmen. Nur so können die Ziele der WRRL fristgerecht erreicht werden. Alle Politikbereiche, vor allem Agrar-, Verkehrs- und Energiepolitik, müssen ihren Beitrag dazu leisten." 

Die europäische Agrarpolitik müsse den Zielen eines zukunftsweisenden Gewässerschutzes Rechnung tragen, die WRRL brauche ein eigenständiges Förderprogramm. Die Bundesregierung solle das Verursacher- und Vorsorgeprinzip im deutschen Wasserrecht konsequent umsetzen und den gewässertypspezifischen Flächenbedarf sichern. 

Das bisherige Freiwilligkeitsprinzip sei "in einen kontrollierten, verbindlichen Planungs- und Umsetzungsablauf zu überführen" und "das Verschlechterungsverbot und die Verbesserungspflicht sektorübergreifend konsequent anzuwenden, z.B. beim Fischereimanagement in Seen oder dem Bebauungsverbot in Überschwemmungsgebieten."

Das Gewässerschutzforum am 11.September 2020 fand online statt. In der abschließenden Presseerklärung bekräftigten die Verbände: „Die drei aufeinanderfolgenden Trockensommer zeigen ganz klar, dass Wasser auch in unseren Breiten ein sehr kostbares Gut ist“ Sie forderten von den Bundes- und Landesregierungen erneut "einen konsequenten Gewässerschutz entlang der europäischen Vorgaben."

Auch die Wasserwirtschaftsstudie NRW 2019 macht den Handlungsdruck bei der WRRL deutlich. Nur auf Optimierung der Kläranlagen zu setzen, reiche nicht aus. Das Fazit der wasserwirtschaftlichen Autoren ist ernüchternd: Im Vergleich mit den Daten anderer europäischer Staaten zeigt sich, dass der gute ökologische Zustand bzw. das gute ökologische Potenzial in NRW nur selten erreicht wird. Sie konstatieren „für NRW eine „zunehmende Gewässerbelastung durch die Kombination aus Klimawandel und zunehmender Flächenversiegelung“ (S.31)

Im „Überblick über die wichtigen Fragen der Gewässerbewirtschaftung in Nordrhein-Westfalen“, stellen die Ministerialbeamten aus dem Referat IV 6 des Landesumweltministeriums nüchtern fest: „In der Summe aller berichtspflichtigen Fließgewässerwasserkörper liegt der Anteil der Gewässerstrecken im guten oder sehr gutem ökologischen Zustand/gutem oder sehr gutem Potenzial bei ca. 10 %.“ 

Allerdings sei dies kein Anlass für Pessimismus: „Dass trotz einer Vielzahl von umgesetzten Maßnahmen der Anteil der Wasserkörper (WK) im guten Zustand nicht deutlich höher ausfällt, ist vor allem der Reaktionszeit geschuldet, mit der sich die Lebensgemeinschaft an die veränderten Verhältnisse anpasst. Es kann durchaus bis zu 10 oder mehr Jahre dauern, bis sich die Bestände erholt haben oder die Tiere und Pflanzen aus den umgebenden Wasserkörpern wieder eingewandert sind.“

Auf noch längere Zeiträume müsse man sich beim Grundwasser einstellen: Anders als in Oberflächengewässern werden Schadstoffe im Grundwasser nur sehr langsam transportiert und wenig abgebaut. Die heute bereits in den Böden vorhandene Stickstoffüberschüsse werden das Grundwasser erst in Zukunft erreichen. Dies führt verbunden mit den geringen Austauschraten des Grundwassers dazu, dass sich auch bei der Umsetzung effektiver Maßnahmen zur deutlichen Verminderung von Stickstoffeinträgen positive Effekte im Grundwasser erst langfristig einstellen können. Man kann sagen, das Grundwasser hat ein wesentlich längeres Gedächtnis als die Oberflächengewässer. So zeigen die Messungen der Nitratbelastung, dass insbesondere an den Messstellen mit intensiver landwirtschaftlicher Nutzung im Zustromgebiet die Umweltqualitätsnorm (UQN) von 50 mg/l Nitrat nach wie vor häufig überschritten wird (vgl. Nährstoffbericht 20173 ). Eine Trendwende kann bisher nur lokal beobachtet werden."

Die Umsetzung des Maßnahmenprogramms wird weiterhin von einigen nur sehr schwer zu überwindenden Hindernissen erschwert. Dazu zählen bei den Gewässermaßnahmen vor allem unzureichende Flächenverfügbarkeit insbesondere für Maßnahmen zur Verbesserung der Gewässerstruktur und der Durchgängigkeit

Das war 2016 für die damals noch rot-grüne Landtagsmehrheit ein Grund, in einem „Gesetz zur Änderung wasser- und wasserverbandsrechtlicher Vorschriften“ ein Bebauungsverbot für Gewässerrandstreifen festzulegen, die Befristung wasserrechtlicher Genehmigungen zu ermöglichen oder den Landesbehörden ein im § 73 des Landeswassergesetzes verankertes Vorkaufsrecht für wasserrelevante Grundstücke einzuräumen. Vollzogen wurde es nicht.

Im September 2019 lagen der Düsseldorfer Bezirksregierung rund 100 Anträge nach §73 Landeswassergesetz vor. Sie „blieben liegen“. Die Bezirksregierung war vom Umweltministerium angewiesen worden, dieses Vorkaufsrecht nicht auszuüben. Ähnliches galt für die im §74 des Landeswassergesetzes vorgesehene verbindliche Maßnahmenübersicht. Auch die wurde nicht umgesetzt. Grund: der Regierungswechsel im Jahre 2017. Im Koalitionsvertrag vom 16.6.2017 hatten CDU und FDP versprochen, „die falschen Weichenstellungen im jüngst abgeänderten Landeswassergesetz“ durch eine Novelle zu korrigieren. „Das betrifft unter anderem die Regelungen zu Gewässerrandstreifen, Vorkaufsrechten, der Entfristung von Genehmigungen und den Berichtspflichten.“ Dass mit einem Koalitionsvertrag geltendes Recht faktisch außer Kraft gesetzt werden kann, ist juristisch zumindest bemerkenswert.

Auch die EU-Kommission gesteht ein, dass für die Einzugsgebiete „kein wesentlicher Fortschritt in Bezug auf den Gesamtzustand der Wasserkörper zwischen dem ersten und zweiten Bewirtschaftungszyklus“ erzielt wurde, mehr als die Hälfte der EU-Gewässer befinde sich in keinem guten Zustand.

Ganz im Gegensatz zu diesen schlechten Bilanzen meldete der Naturschutzbund NABU am 12. Dezember 2019: Die Europäische Wasserrahmenrichtlinie ist fit. Er freute sich über ein Weihnachtsgeschenk für den Gewässerschutz“. Das Weihnachtsgeschenk war eine Arbeitsunterlage der Europäischen Kommission. In dem Papier beurteilt die Kommission die WRRL als zweckmäßig und wirksam. Bewirtschaftungspläne und öffentliche Konsultationen seien sinnvoll. Der Verwaltungsaufwand sei akzeptabel. Die Richtlinie sei außerdem flexibel genug, um „neuen Herausforderungen“ zu begegnen. Die Kommission zählt dazu den Klimawandel, Wasserknappheit und „Schadstoffe, die zunehmend Anlass zur Besorgnis geben“, z.B. Mikroplastik und Arzneimittel.

Das „Fitnessurteil“ beendete eine zweijährige Zitterpartie. Hinter dem  "Fitnesscheck" verbergen sich umfassende Evaluierungen. Sie bewerten, ob ein EU-Gesetz noch zweckdienlich ist. Während des Checks können interessierte Kreise ihre Anregungen einbringen. Während Teile der Industrie und Landwirtschaft die Ziele der WRRL abschwächen oder eliminieren wollten, kämpften die Umweltverbände für ihren Bestand. Wirtschaftslobbyisten hatten im Laufe des „Fitness-Checks“ beklagt, dass die WRRL zu streng und zu teuer sei. Sie sei unverhältnismäßig und nicht nachhaltig, weil sie einseitig den Gewässerschutz im Auge habe und wirtschaftliche Nutzungsinteressen ignoriere. Doch die Befürchtung der Wasserschützer*innen, dass die Kommission die WRRL „kippt“, war nicht eingetreten.

Über 375.000 EU-Bürger*innen hatten sich bei der öffentlichen Konsultation zum „Fitness-Check“ dafür eingesetzt, die Richtlinie in der bestehenden Form zu belassen. Dieser Position schlossen sich fast 6.000 Wissenschaftler*innen mit der „Scientist4WFD“ – Initiative an.

Der Umweltrat, die Konferenz der europäischen Umweltminister, bestätigte am 5. März, dass die WRRL funktioniere und weitergeführt werden solle. Markus Beyrer, österreichischer Generalsekretär von Business Europe, hatte drei Tage zuvor den kroatischen Vorsitzenden des Umweltrats Tomislav Ćorić in einem Brief aufgefordert, sich für eine Aufweichung oder den Wegfall des Verschlechterungsverbots in der WRRL einzusetzen. Begründung: Das Verbot entspreche nicht dem Green Deal, denn es führe zu einer restriktiven Genehmigungspraxis für wasserbelastende Betriebe und verhindere damit Investitionen und technologische Entwicklungen, die zu einer klimafreundlichen Emissionsreduzierung beitragen könnten. 

Das innerhalb des Green deal angelegte Spannungsverhältnis zwischen Naturschutz, Fischereiwirtschaft und Wasserkraft beschrieb der Deutsche Angelfischerverband  am 14. Oktober 2020 in einer Pressemitteilung. Anlass: die geplanten Novellierungen des Wasserhaushaltsgesetzes und des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes.  Der Spitzenverband der Angler*innen in Deutschland beklagt sich: "Leider befasst sich die Öffentlichkeit zu wenig mit dem Geschehen in unseren Flüssen, die einst die artenreichsten Lebensräume überhaupt waren. Schon gar kein Interesse besteht, bis auf seltene Ausnahmen, der weiteren Degradierung juristisch Einhalt zu gebieten. So werden unter dem Deckmantel des Klimawandels zum Teil in der EU und besonders in Deutschland Privatinteressen bedient, die auch die letzten naturnahen Flüsse Europas auf dem Balkan, nach kürzlich veröffentlichten Studien, zerstören werden." Wasserkraftnutzung untergräbt wegen der fehlenden Durchgängigkeit die Interessen der Angler*innen und die Zielstellung der Wasserrahmenrichtlinie. 

 „Nachhaltige Gewässerbewirtschaftung im Sinne des "Green deal“... Im umwelt- und wirtschaftspolitischen Diskurs gibt es Sehnsüchte, Denkrahmen, Interessen, Sprachverwirrungen und Chamäleonsbegriffe. Es kommt auf die Definitionen an. Nicht ohne Grund werden im Artikel 2 der WRRL 41 Begriffe definiert - vom "Oberflächengewässer" bis zum "guten chemischen Zustand" . 

Am 23. Juni 2020 meldete der Deutsche Naturschutzring: „Endlich! Klares Bekenntnis zur Wasserrahmenrichtlinie“. Er zitierte den Umweltkommissar Virginijus Sinkevičius: „Wir müssen den Fokus auf die Unterstützung von Um- und Durchsetzung richten, ohne die Richtlinie zu ändern."    

EP-ENVI ist der "Ausschuss für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit" des Europäischen Parlaments. Christophe Hansen, Sara Cerdas, Nicolae Ştefănuță, Marco Dreosto, Martin Häusling, Joanna Kopcińska, Malin Björk, Eleonora Evi sind Europaabgeordnete und haben im Juni 2020 einen Entschließungsantrag zur Umsetzung der Wassergesetzgebung der EU auf den Weg gebracht. Das Europäische Parlament  verabschiedete ihn mit einigen Änerungen am 17. Dezember 2020

Das Parlament bedauert,  "dass die Hälfte der Wasserkörper in der EU immer noch keinen guten Zustand erreicht hat und dass die Ziele der WRRL noch nicht verwirklicht worden sind, was hauptsächlich auf die unzureichende Finanzierung, insbesondere die schleppende Umsetzung, die unzureichende Durchsetzung, die Nichtanwendung des Vorsorge- und des Verursacherprinzips und die extensive Inanspruchnahme der Ausnahmeregelungen der Richtlinie in vielen Mitgliedstaaten zurückzuführen ist, und bedauert ferner, dass die Umweltziele nicht in ausreichendem Maße in die sektorbezogene Politik einbezogen worden sind." Das Parlament "fordert die Mitgliedstaaten auf, alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, einschließlich der Sicherstellung der notwendigen finanziellen Mittel und Humanressourcen sowie des erforderlichen Fachwissens, damit die vollständige Einhaltung der Wasserrahmenrichtlinie sobald wie möglich, keinesfalls jedoch später als 2027, erreicht wird."  Die EU-Agebeordneten halten es für dringend erforderlich , die Schadstoff- und Agrarpolitik an WRRL auszurichten. 

Strittig war der Punkt 42 "Verbesserung der Fischwanderung". Denn nicht nur die Angler*innen haben Bedenken gegen die Wasserkraft. Nach längeren Debatten blieb die schwammige Forderung, "dass gegebenenfalls die Flusskonnektivität in die im Rahmen der grünen Taxonomie der EU für nachhaltige Tätigkeiten ausgearbeiteten Kriterien für die technische Evaluierung aufgenommen wird und dass energie- und verkehrsbezogene Projekte nur dann als nachhaltig angesehen werden, wenn sie naturnahe Fischpässe umfassen". 

#Rivers4Reccovery ist ein globales Bündnis von Umweltschutz- und Menschenrechtsorganiosationen. Es hat im November 2020 einen weltweiten Aufruf zum Schutz der Flüsse  gestartet. Anerkannt werden müsse der Schutz von Flüssen für eine gerechte und grüne Erholung von der COVID-19-Pandemie.  Flüsse seien ein entscheidender Teil der Ökosysteme. Sie wirkten als wirtschaftliches Sicherheitsnetz für die Armen und Schutzbedürftigen in vielen Ländern. Umwelt- und Wasserverschmutzung müssten verhindert werden nicht nur, um Wasserquellen zu sichern, sondern auch, um Länder vor der Verschuldung durch COVID-19 zu bewahren, um einen gerechten Energiewandel zu beschleunigen und um der Klimakrise wirksam zu begegnen. #Rivers4Recovery fordert daher:

  • ein Moratorium für neue Wasserkraftwerke
  • höhere Investitionen in erneuerbare Energien und Speicherung außerhalb der Wasserkraft
  • verbesserte Effizienz bestehender Wasserkraft anstelle von Neubauten
  • neue, dezentrale Energielösungen
  • den Schutz von Schutzgebieten, frei fließenden Flüssen und indigener Gebiete

  st ein Ausschuss des Europäischen Parlaments (Ausschuss für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit).

EP-ENVI ist ein Ausschuss des Europäischen Parlaments (Ausschuss für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit).Was will das Konzept der ökologischen Schlüsselfaktoren? 

©STOWA

Die STOWA (Stichting Toegepast Onderzoek Waterbeheer) unterstützt und verbindet die regionalen Wassermanager in den Niederlanden und  stellt erforderliches Wissen bereit. Zur Erarbeitung der Flussgebietsmanagementpläne hat die STOWA 2014 das Konzept der ökologischen Schlüsselfaktoren entwickelt, zunächst für stehende und „stillstehende fließende Gewässer“.

Dabei geht es um die Wirkungen der Stressoren -  der menschlichen Einflüsse und der Umweltfaktoren -, denen das Gewässersystem ausgesetzt.  Die  Analyse der Schlüsselfaktoren soll ein einen Einblick in die ökologische Funktionsweise eines bestimmten Wassersystems geben und klären, warum „es so ist wie es ist". Jedes Wassersystem hat seinen eigenen Charakter. Nur wenn  die Wassermanager* innen ihn verstanden haben, können sie sich realistische Ziele setzen und wirksame Maßnahmen formulieren. In ihrer Broschüre „Ecologische Sleutelfactoren voor stromende wateren“ schlägt die STOWA vor, fließende Gewässer im Rahmen der Wasserrahmenrichtlinie nach ökologischen Schlüsselfaktoren zu managen.     

  • Fließgeschwindigkeit (Afvoerdynamiek) beeinflusst Wasserorganismen
  • Grundwasser (Grondwater), Menge, Qualität, Ströme, Neubildung
  • Durchgängigkeit (Connectiviteit): Hindernisse wie Schleusen, Pumpstationen, Querbauwerke, (Barrieren, die die Ausbreitung exotischer Arten verhindern, können erwünscht sein
  • Nährstoffe (Belasting)
  • Toxizität   (Toxiciteit) die Giftstoffe, die Wasserorganismen gefährden
  • Nassabschnitt (Natte doorsnede) Querschnitt, Breite, Tiefe, liefert Daten für Strömungs- und Saustoffregime
  • Pufferzone/Gewässerrandstreifen (Bufferzone), Auen, Sümpfe, Platz für überschüssiges Wasser (Temperatur- und Lichtregime)
  • Wasserpflanzen (Waterplanten) Pflanzen im und am Wasser (Mähregime, Substrat für Wasserorgansimen etc.)
  • Stagnation (Stagnatie) Sandbänke, Biberdämme, Bäume, Mäander – wichtig für Entwicklung von Plankton- und Fischlarven
  • Kontext (Context) Rolle des Gewässers für Schifffahrt, Landwirtschaft, Erholung innerhalb des Ökosystems; Prüfpunkt für Synergien, Wechselwirkungen, Widersprüche, Abwägungen)  

Jeder Schlüsselfakor ist eine Voraussetzung für ein ordnungsgemäß funktionierendes ökologisches Wassersystem.  Die ökologischen Schlüsselfaktoren bilden zusammen einen Rahmen für die Durchführung der Analyse des ökologischen Wassersystems.

Was bringt die Novellierung des Landeswassergesetzes?

©Thorben Wengert - pixelio.de

Am 14. Mai 2017 hatte er eine fulminante Wirkung, ist aber mittlerweile etwas verblasst. Die Rede ist vom "Lindner-Effekt". Ohne ihn sähe die derzeitige Wasserpolitik womöglich etwas anders aus. Am Wahlabend schien der FDP-Vorsitzende Christian Lindner selbst überrascht, dass er mit seiner One-Man-Show eine schwarzgelbe Landtagsmehrheit ermöglicht hatte. Ein schwarzgelbe Mehrheit bedeute nicht automatisch eine schwarzgelbe Regierung." erklärte er gegenüber Phoenix. Wenig später fiel der Satz: "Eine Laschet-CDU treibt nicht, wenn man sie nicht treibt."  

Am 16. Juni 2017 veröffentlichten CDU und FDP ihren Koalitionsvertrag und es war klar: Lindner hatte getrieben. Die "falschen Weichenstellungen" der Novellierung des  Landeswassergesetzes aus dem Jahr 2016 sollten korrigiert werden. 

Wie schon bei der Übernahme der WRRL in das Landeswassergesetz hatten CDU- und FDP-Politiker*innen gemeinsam mit IHK und Unternehmerschaft 2016 den NRW-Sonderweg in der Wasserpolitik kritisiert. Die Rede war von Einschränkung der unternehmerischen Handlungsmöglichkeiten, Wettbewerbs- und Standortsnachteile für NRW-Unternehmen, Belastungen für die Investitions- und Arbeitsplatzsicherung in NRW, beträchtliche Planungsunsicherheit und Überbürokratisierungen durch Genehmigungs- und Vorordnungsvorbehalte...Im Fokus der Kritik standen 2016 das Vorkaufsrecht für wasserrelevante Grundstücke, die Erlaubnis-, Genehmigungs- und Befristungsvorbehalte für Wassernutzungen, den Schutz der Gewässerrandstreifen vor Düngung und Bebauung und das Abgrabungsverbot in Wasserschutzzonen. 

Der Mitte Mai bekannt gewordene - und am 26. August 2020 zur ersten Lesung in den Landtag eingebrachte - Entwurf für ein neues Landeswassergesetz überraschte daher nicht besonders. Die angekündigte Novellierung besteht zum großen Teil aus der Rücknahme der 2016er-Änderungen. Die kritische Stellungnahme der Naturschutzverbände lag bereits am 3. Juni 2020 vor. Am 17. August meldete der Verband der kommunalen Unternehmer in NRW: "Geplante Neuregelungen im NRW-Landeswassergesetz schwächen den Gewässerschutz".  Die Zielsetzung der Novelle sei mit Blick auf die Umsetzung der WRRL kontraproduktiv. Der Gesetzentwurf mache eine Rolle rückwärts bei den gewässerschutzdienliche Regelungen zu Gewässerrandstreifen und beim Bodenschatzgewinnungsverbot in Wasserschutzgebieten. 

Thomas Schmitz, Geschäftsführer des Netteverbands, möchte beim Thema Gewässerrandstreifen mehr differenzieren : „Ein Gewässerrandstreifen an einem ökologisch wertvollen und ständig wasserführenden Gewässer muss sehr viel breiter sein als ein Entwässerungsgraben, der nur bei starkem Regenfällen Wasser von bebauten Flächen abführt.“ Auch von den Vorteilen eines Landesvorkaufsrechts ist Schmitz nicht überzeugt. Er hält es für wichtiger, die jeweiligen Gewässeranlieger*innen von den Planungsabsichten zu überzeugen. Dazu gehöre auch die in der WRRL geforderte Öffentlichkeitsarbeit. Die macht der Netteverband über seine Homepage und eine Broschüre zu den eigenen WRRL-Maßnahmen. Gemeinsam mit dem Wupperverband hat er ein „Flussgebietsinformationssystem“ mit raumbezogenen Daten des Netteeinzugsgebiets erstellt. Das erleichtere das Verständnis und Kooperationsbereitschaft bei der WRRL-Umsetzung. 

Bleibt es beim Abgrabungsverbot in Wasserschutzzonen?

©Dieter Schneider - pixelio.de

Kiesinitiativen, die Naturschutzverbände, Kommunen oder die Wasserversorger halten die Rücknahme des Abgrabungsverbots in Wasserschutzzonen für keine gute Idee. Der Landesverband der Energie-und Wasserwirtschaft lehnt jede Aufweichung des Abgrabungsverbots ab und verweist auf das Verschlechterungsverbot und auf das Bundesverfassungsgericht. Es hatte im Nassauskiesungsbeschluss (BVergE, 58,300) vom 15.7.1981  die überragende Bedeutung des Grundwassers für das Gemeinwohl herausgestellt. Daher könne der Staat Grundwasser der freien Verfügbarkeit entziehen und dessen Benutzung gesetzlich regeln. „Aus der verfassungsrechtlichen Garantie des Grundeigentums läßt sich nicht ein Anspruch auf Einräumung gerade derjenigen Nutzungsmöglichkeit herleiten, die dem Eigentümer den größtmöglichen wirtschaftlichen Vorteil verspricht.“(S.191) 

Die Naturschutzverbände schreiben: "Der Abbau von Rohstoffen beseitigt oder vermindert die Grundwasserüberdeckung. Diese ist aber notwendig, um das Grundwasser vor schädlichen Einträgen zu schützen. Mit dem Verlust oder der Verminderung der Filter- und Pufferfunktion der Grundwasserüberdeckung geht eine Gefährdung des Grundwassers und in Wasserschutzgebieten unmittelbar eine Gefährdung des Trinkwassers einher(…)Die Streichung des Abgrabungsverbotes in Wasserschutzgebieten steht in eklatantem Widerspruch zu dem von der Landesregierung angestrebten Vorrang der öffentlichen Trinkwasserversorgung."

Wie im Koalitionsvertrag angekündigt, wurde mittlerweile auch der Landesentwicklungsplan „wirtschaftsfreundlicher“ gemacht, die Versorgungsgarantie für Lockergesteine von 20 auf 25 Jahre erhöht, die entsprechende Bedarfsberechnung geändert und „mehr Spielraum“ für Reserveflächen eingeführt.  

Juristen bezweifeln allerdings, ob dazu die - zum Beispiel im Raumordnungsgesetz festgelegten - Rechtsgrundlagen korrekt angewandt wurden. Der Kreis Wesel, der Kreis Viersen und der BUND NRW haben eine Klage gegen den Landesentwicklungsplan eingereicht...Das letzte Wort hat das Oberverwaltungsgericht Münster ...  

Am 2. September 2020 veröffentlichte  die Wasserverbund Niederrhein GmbH (WVN) ein von ihr in Auftrag gegebenes Gutachten zu den Konfliktpunkten und Risiken, die aus den Wechselwirkungen zwischen Kiesabbau, Wasserkreislauf und Wassergewinnung entstehen könnten. Vor dem Hintergrund des WRRL-Verschlechterungsverbots und angesichts der vielen Risiken empfehlen die Gutachter des IWW (Rheinisch-Westfälisches Institut für Wasser) ein Abgrabungsverbot in Wasserschutzgebieten. Dies sei die einfachste und sicherste Methode der Risikominimierung.

Der Verband der Bau- und Rohstoffindustrie hatte schon vor Jahren in ihrem Stein des Anstoßes Nr. 8  argumentiert, dass das Abgrabungsverbot in Wasserschutzzonen zu "existentiellen Gefährdungen von Unternehmen" und zu einem "Entzug von Abwägungsmöglichkeiten" bei den Behörden führe.

Damit trägt es im Umkehrschluss zur Planungssicherheit und Verwaltungsvereinfachung bei. Der Prüfaufwand für Abgrabungsgenehmigungen in Wasserschutzzonen ist immens. Der Ausgang des jeweiligen Verfahrens ist ungewiss. 

Die Düsseldorfer Bezirksregierung hatte den Mitgliedern des Planungsausschusses am 10. September 2020 vorgeschlagen,  folgendes zu beschließen: "Der Regionalrat fordert die Landesregierung auf, das Abgrabungsverbot in Wasserschutzzonen aufrechtzuerhalten. Er bittet die Geschäftsstelle des Regionalrates diese Forderung der Landesregierung zu übermitteln." Zur Abstimmung kam es nicht. Die CDU-Fraktion hatte noch Beratungsbedarf.

Unter Corona-Bedingungen beschloss der Düsseldorfer Regionalrat am 17. Dezember 2020 einstimmig eine „Erklärung zu den Auswirkungen des Gesetzentwurfes des Landeswassergesetzes auf die zukünftige Steuerungsmöglichkeit der Abgrabungspolitik des Regionalrates Düsseldorf“. Darin betont er, dass im Regierungsbezirk das Abgrabungsverbot in der Wasserschutzzone aufrecht erhalten bleibt.

Der Regionalrat habe die Abgrabungstätigkeit bisher so gesteuert, dass der Konflikt zwischen der Trinkwassergewinnung und dem Kiesabbau möglichst vermieden wurde. Wasserschutzgebiete galten der Regionalplanung bereits vor dem nordrhein-westfälischen Abgrabungsverbot von 2016 als Tabuzonen für den Abbau von Rohstoffen. Diese Vorgehensweise sei durch das Oberverwaltungsgericht Münster und das Bundesverfassungsgericht bestätigt worden. Da sich im Regierungsbezirk Düsseldorf die Rohstoffvorkommen von Kies und Sand über sehr große Flächen erstrecken, bestehe keine Notwendigkeit, Wasserschutzzonen in Anspruch zu nehmen.

Offen ist, was von dieser Erklärung übrig bleibt, wenn das NRW-Landesplanungsgesetz geändert ist und das NRW-Umweltministerium eine vom kiesindustriefreundlichen Rechtsanwaltsbüro „Wolter-Hoppenberg“ erarbeitete Wasserschutzgebietsverordnung erlassen hat. Mehr dazu können Sie hier nachlesen. 

Am 28. Oktober 2020 verkündete Simone Spiegels, Vorstandsvorsitzende des Aktionsbündnisses Niederrhein-Appell, dass sich ein neuer Arbeitskreis gegen die Novellierung des Landeswassergesetzes gegründet hat.

Der Arbeitskreis besteht aus Menschen, die in Bürgerinitiativen, beim Niederrhein-Appell, in der Politik oder dem Umweltverband BUND NRW aktiv sind. Der Arbeitskreis kritisiert, dass die NRW-Landesregierung das Verbot aufheben möchte, Kies und Sand auch in Wasserschutzgebieten abzubauen. Das gefährde die für Schutz und Sauberkeit des Trinkwassers wichtige Grundwasserüberdeckung. Kiese sind gute Wasserleiter. Daher sind ihre Vorkommen häufig als Wasserschutzgebiete ausgewiesen.

Außerdem werde mit der geplanten Verbotsaufhebung die Verantwortung für das Trinkwasser auf untergeordnete Genehmigungsbehörden abgeschoben. Die müssten dann im Antragsverfahren zwischen Trinkwasserschutz und den wirtschaftlichen Interessen der Baustoffindustrie abwägen. Die Mitglieder des Arbeitskreises befürchten „Gerichtsverfahren mit ungewissem Ausgang“, wenn landesweite gesetzliche Vorgaben zum Trinkwasserschutz entfallen.

Der Viersener Kreistag unterstützt die Forderung des Arbeitskreises. Am 29. Oktober 2020 forderte er das Land NRW auf,  am Verbot des Rohstoffabbaus in Wasserschutzgebieten festzuhalten. Andernfalls wäre perspektivisch eine weitere ungesteuerte Zunahme von Abgrabungstätigkeiten zu befürchten. 

Die NRW-Dürrezeiten werden länger. Bis 2027 soll europaweit das Wasser gut sein. Bis 2050 möchte die Europäische Union eine vollständige Kreislaufwirtschaft und eine vollständige Klimaneutralität realisiert haben. Wie innovativ sind die Abgrabungsregeln im derzeitigen Landesentwicklungsplan?

Wie geht's weiter im WRRL-Wasserland?

Ziel der WRRL ist es,  die lebenswichtige Funktionsfähigkeit unserer Gewässerökosysteme zu erhalten. Auch wenn die Ökosystemleistungen nicht monetarisiert werden und nicht ins Bruttosozialprodukt einfließen, ist sauberes Wasser die Basis unseres wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebens. 

Im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung wäre es hilfreich, WRRL-Maßnahmen klima- und dürre- und mikrostoffsensibel zu entwickeln,  Nitrat- und Abwasserrichtlinien EU-konform umzusetzen,  das Ambitionsniveau für Gewässerschutz auch außerhalb der Expertenkreise zu steigern,   in der Flächenkonkurrenz den Natur- und Gewässerschutz als grundlegenden Standortfaktor zu betrachten,  das Verursacherprinzip konsequent durchzusetzen, nicht für alle Wasserbedarfe aufbereitetes Trinkwasser zu nutzen,  das Geld für Gewässerentwicklung auch aus anderen Etats – zum Beispiel aus der Wirtschafts-, Regional- oder Agrarpolitik – zur Verfügung zu stellen,  Gewässerentwicklung in den einschlägigen Gesetzen zur Gesundheit, Landwirtschaft, Umwelt, Raumplanung, Regionalentwicklung besser zu verankern,   Möglichkeiten der Digitalisierung des Gewässermanagements auszuschöpfen,  die lokale Öffentlichkeit bei der Planung und Durchführung der Gewässerbewirtschaftung einzubeziehen,   die WRRL nach 2027 - fortzusetzen und den Entwurf zur Novellierung des Landeswassergesetzes in den Papierkorb zu schieben...  

Am 8. Oktober 2020 beendete das Bundesumweltministerium nach zwei Jahren seinen Nationalen Wasserdialog. Ähnlich wie der Spurendialog diente der Wasserdialog der Vorbereitung einer Nationalen Wasserstrategie. Über 250 Expertinnen und Experten erkundeten, wie unter den Bedingungen der Erderhitzung deutschlandweit der natürliche Wasserhaushalt erhalten und geschützt werden kann. Ihre Ergebnisse dokumentierten sie in einem 139-seitigen Abschlusspapier und in 16 Kernbotschaften. Ein politischer Rahmen für  "Wasserhierarchie“ soll ab 2021 bei der Priorisierung Wasserbedarfs "vor Ort" helfen. 

Jeder Mensch aus NRW nutzt im Schnitt täglich über 4.000 Liter Süßwasser. Das meiste versteckt sich in den Produkten, die wir täglich ge- und verbrauchen. Jeden Tag fließen 123 Liter aufbereitetes Trinkwasser pro Kopf aus unseren Wasserhähnen,  den Duschen und  Klospülungen. Wie viel und welches Wasser braucht eigentlich "die Natur"?  Die Hydroökologie steckt noch in den Kinderschuhen. 

Bei allen Unkenrufen über Hierarchie und Knappheit: Wasser wird bleiben. Die Frage ist nur wo, für wen und in welcher Qualität. 

Der immerwährende Wasserkreislauf und das menschliche Zusammenleben mit all den zahllosen Vernetzungen, Verästelungen, Interaktionen und Wechselwirkungen bergen wahrscheinlich noch viel mehr Geheimnisse als wir ahnen. Wir und das niederrheinische WRRL-Wasserland befinden uns in einem tiefgreifenden Lern- und Transformationsprozess... 

Was meinen Sie?

Weitere Informationen 

BMU – Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit; UBA – Umweltbundesamt (Hrsg.) (September 2020):   Abschlussdokument Nationaler Wasserdialog. Kernbotschaften, Ergebnisse und Dokumentation des Nationalen Wasserdialogs. Berlin. (pdf)

Bundesamt für Naturschutz, Bonn (Link)

Bundesanstalt für Gewässerkunde, Koblenz (Link)

Bund/Länder Arbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA). Arbeitsgremium der Umweltministerkonferenz (Link)

civity Management Consultants (Hrsg.): Kosten und verursachungsgerechte Finanzierung einer vierten Reinigungsstufe in Kläranlagen, Berlin, 2018 (pdf)

Flussauen und Wasserrahmenrichtlinie: Bedeutung der Flussauen für die Umsetzung der europäischen Wasserrahmenrichtlinie – Handlungsempfehlungen für Naturschutz und Wasserwirtschaft von Norbert Korn u.a. BfN-Reihe Naturschutz und biologische Vielfalt Nr. 27 (Gliederung und Zusammenfassung als pdf) 

Flussgebiete NRW. Homepage des Ministeriums für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen (Link)

Freshwater Information Platform. The Network for freshwater research. Gemeinsame Seite   verschiedener wissenschaftlicher Institute (Link)

European Commission: Chemicals Strategy for Sustainability- Towards a Toxic-Free Environment - COM (2020) 667 final vom 14. Oktober 2020 (Link)

Gesetzentwurf der Landesregierung Gesetz zur Änderung des Landeswasserrechts. Drucksache 17/9942 vom 25.6.2020 (pdf)

Gewässerschutzforum der Umweltverbände zur Wasserrahmenrichtlinie  (Link)

GRÜNBUCH 2008 des Zukunftsforums Öffentliche Sicherheit e.V.  2008

GRÜNBUCH 2020 des Zukunftsforums Öffentliche Sicherheit e.V. -  1. Auflage 12/2020

IWW-FiW-IKT Wasserwirtschaftsstudie NRW (2019). Analyse zum Stand und zur Entwicklung der Wasserwirtschaft in NRW. Autoren: IWW  Rheinisch-Westfälisches Institut für Wasserforschung (Mülheim an der Ruhr), Forschungsinstitut für Wasser- und Abfallwirtschaft FiW an der RWTH Aachen,  IKT-Institut für Unterirdische Infrastruktur gGmbH Gelsenkirchen), 2019.(pdf)

IWW – Rheinisch-Westfälisches Institut für Wasser – Beratungs- und Entwicklungsgesellschaft mbH: Abgrabungen innerhalb von Wasserschutzgebieten – Potenzielle Risiken für die Trinkwassergewinnung (September 2020) (pdf) 

Koalitionsvertrag für Nordrhein-Westfalen 2017 - 2022 (pdf)

Lebensraum Wasser. Der Wasserblog von Siegfried Gendries (Link)

PFAS - Gekommen um zu bleiben. Magazin des Umweltbundesamts 1/2020 vom Juni 2020 (pdf)

Marx, Andreas (UFZ): Jährliche Dürrestärken in Deutschland (Link)

Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und   Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen Referat IV-6 –Flussgebietsmanagement, Gewässerökologie, Hochwasserschutz: Überblick über die wichtigen Fragen der Gewässerbewirtschaftung in Nordrhein-Westfalen   Information der Öffentlichkeit gemäß § 83 Abs. 4 WHG und Art. 14, Abs. 1 (b)   der EG-Wasserrahmenrichtlinie (2000/60/EG) (pdf)

Netteverband: 50 Jahre Netteverband (pdf)

Niersverband: Jahresbericht 2019 (pdf)

Quarks: Trockenheit in Deutschland. Dürre- So kommen wir auf Dauer damit klar, 11. August 2020 (Link)

Sachverständigenrat für Umweltfragen: Für eine entschlossene Umweltpolitik in Deutschland und Europa. Umweltgutachten 2020 (pdf)

Stellungnahme der anerkannten Naturschutzverbände Landesgemeinschaft Naturschutz und Umwelt NRW (LNU), Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, LV NRW (BUND) sowie Naturschutzbund Deutschland, LV NRW (NABU) zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Landeswasserrechts vom 03.06.2020 (pdf)

The Freshwater   Blog. The Voice of aquatic life. Features, interviews and analyses on  freshwater conservation, science and policy (Link)

Wasser in NRW nachhaltig nutzen und schützen! Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage 14 der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Drucksache 17/8021 vom 27.11.2019 (pdf)

Wassernetz NRW. Netzwerk der ehrenamtlichen Gewässerschützer*innen von BUND NRW, NABU NRW und LNU NRW. (Link)

Worzewski, Tamara: Droht Deutschland Wasserstress? Spektrum.de vom 13. November 2020

WWF (Juli 2019): Unsere Gewässer in Gefahr – Risiken einer Änderung der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie. Analyse der Forderungen von Industrie, Landwirtschaft, Energie- und Wasserversorgern (pdf)

ZEIT-Online: Prognosen deuten auf mehr Dürresommer in Mitteleuropa, 6. August 2020 (Link)

Zustand unserer Gewässer – Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie“ – Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage   der Abgeordneten Steffi Lemke, Dr. Bettina Hoffmann, Claudia Müller, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 19/5812 v. 14.11.2018 (pdf


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