Suchen
07.04.2022
Windenergie und Artenschutz
Bundesumwelt- und Bundeswirtschaftsministerium haben am 4. April 2022 (1) in einer Pressekonferenz (2) das siebenseitige Eckpunktepapier zur Beschleunigung des naturverträglichen Ausbaus der Windenergie an Land (3) vorgestellt.
Das Repowering von Windrädern soll durch den Wegfall von Alternativprüfungen vereinfacht werden. Um die Breitstellung von Flächen zu erleichtern, soll die die Genehmigung von Windenergie in Landschaftsschutzgebieten entlastet werden.
Die Bundesregierung wird ein Wind-an-Land-Gesetz vorlegen, das die Länder verpflichtet, zwei Prozent ihrer Fläche für die Windenergie an Land zur Verfügung zu stellen. „Hier stehen alle Länder gemeinsam in der Verantwortung.“
Darüber hinaus plant die Bundesregierung zahlreiche Maßnahmen, wie zum Beispiel die Abstände zu Drehfunkfeuern und Wetterradaren kurzfristig deutlich zu reduzieren. Auch bei militärischen Belangen und der Ausweisung von Tiefflugkorridoren sowie beim Denkmalschutz soll der Windenergieausbau stärker berücksichtigt werden, sodass mehr Flächen für Windkraftanlagen zur Verfügung stehen.
Der Zielkonflikt zwischen Vogelschutz und Windkraft soll mit Verfahrensvereinfachungen und standardisierten bundeseinheitlichen Kriterien gemildert werden. Es soll einheitliche Listen betroffener Vogelarten und möglicher Konfliktvermeidungsmaßnahmen geben. Ein neues – von Windenergiebetreibern mitfinanziertes Artenhilfsprogramm soll den Vogelschutz stärken.
Der umstrittene Vorschlag des ehemaligen Europaabgeordneten und derzeitigen Staatssekretärs Sven Giegold, mit der EU-Kommission über eine Entschärfung der europäischen Naturschutzrichtlinien zu verhandeln (4) ist vom Tisch. Dazu heißt es: „Wir bewahren hohe Standards für den Artenschutz. Die europäischen Naturschutz-Richtlinien werden respektiert und bleiben unangetastet.“
Erneuerbare Energien sind künftig „von überragendem öffentlichen Interesse“ und „dienen der öffentlichen Sicherheit“. Das weist sie in der rechtlichen Abwägung mit anderen Anliegen als höherwertige Schutzgüter aus. Der Präsident des Deutschen Naturschutzrings Prof. Dr. Kai Niebert (5) möchte das „überragende öffentliche Interesse“ auf Windkraft und Photovoltaik beschränken, nicht auf alle Erneuerbaren: „Sonst werden immer mehr Flächen für Agrosprit und Biogas missbraucht, statt gesunde und bezahlbare Lebensmittel dort anzubauen.“ (6)
BUND-Vorsitzender Olaf Bandt meint, dass das Eckpunktepapier das Pferd von der falschen Seite aufzäume. Bandt fordert Solarpflicht auf Dächern und Parkplätzen, verbindliche Vorgaben für die Länder zur Ausweisung naturverträglicher Vorranggebiete, die Stärkung von Bürger*innenbeteiligung, mehr Personal und Geld für den Naturschutz und Vorgaben zum Energiesparen oder für Energiegemeinschaften.
Stattdessen missbrauchten die Ministerien den Schutz für bedrohte Tierarten als Begründung für zu langsame Verfahren. So schleppe sich der Ausbau der Windenergie in den Ländern „so lahm voran wie ein alter Gaul.“ (7)
Auch der NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger kritisiert, dass die Bundesregierung den Anschein erwecke, der Naturschutz sei ein zentraler Hemmschuh für den Ausbau der Windenergie. Schließlich werde es den Bundesländern immer noch ermöglicht, durch beliebig hohe pauschale Mindestabstände von der Wohnbebauung die räumliche Steuerung und den Ausbau der Windenergie abzuwürgen. Krüger fordert die Bundesregierung auf, für eine naturverträgliche Energiewende nachzuarbeiten. (8)
Verweise
1. Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz. Einigung bei naturverträglichem Ausbau der Windenergie an Land erzielt. [Online] 4. April 2022. https://www.bmuv.de/pressemitteilung/einigung-bei-naturvertraeglichem-ausbau-der-windenergie-an-land-erzielt
2. Pressekonferenz zur Beschleunigung des naturverträglichen Ausbaus der Windenergie. [Online] 4. April 2022. https://playout.3qsdn.com/embed/af504f98-b41d-11ec-99ef-3cecef385192
3. Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz und Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz. Beschleunigung des naturverträglichen Ausbaus der Windenergie an Land. [Online] 4. April 2022. https://www.bmuv.de/fileadmin/Daten_BMU/Download_PDF/Artenschutz/eckpunkte_windenergie_land_artenschutz_bf.pdf
4. Redaktionsnetzwerk Deutschland. Giegold will für mehr Ausbautempo bei Erneuerbaren EU-Naturschutzrecht entschärfen. [Online] 10. Dezember 2021. https://www.rnd.de/politik/giegold-will-fuer-mehr-ausbautempo-bei-erneuerbaren-eu-naturschutzrecht-entschaerfen-WXA4PM3P2REALCX6BZKUKJZMXQ.html
5. Deutscher Naturschutzring. Pressestatement zu den Eckpunkten zur Beschleunigung des naturverträglichen Ausbaus der Windenergie. [Online] 4. April 2022. https://www.dnr.de/presse/pressemitteilungen/pressestatement-zu-den-eckpunkten-zur-beschleunigung-des
6. Milan und Windrad in Eintracht. Geinitz, Christian. 5. April 2022, FAZ, S. 17.
7. BUND. Kommentar zum Windkraft-Ausbau: Eckpunkte kein großer Wurf für besseren Artenschutz und schnellere Verfahren. [Online] 4. April 2022. https://www.bund.net/service/presse/pressemitteilungen/detail/news/kommentar-zum-windkraft-ausbau-eckpunkte-kein-grosser-wurf-fuer-besseren-artenschutz-und-schnellere-verfahren/
8. NABU. Naturschutz bremst Windenergieausbau nicht aus. [Online] 4. April 2022. https://www.nabu.de/modules/presseservice/index.php?popup=true&db=presseservice&show=34042
Grenzlandgruen - 14:07 @ Akteure und Konzepte, Umwelt und Gesundheit, Raumplanung und Regionalentwicklung | Kommentar hinzufügen
Archiv
2024: | Januar | Februar | März | April | Mai | Juni | Juli | August | September | Oktober | November |
2023: | Januar | Februar | März | April | Mai | Juni | Juli | August | September | Oktober | November | Dezember |
2022: | Januar | Februar | März | April | Mai | Juni | Juli | August | September | Oktober | November | Dezember |
2021: | Januar | Februar | März | April | Mai | Juni | Juli | August | September | Oktober | November | Dezember |
2020: | Oktober | November | Dezember |
Kategorien
- alle
- Allgemein
- Europa
- Region
- Kreis Viersen
- Schwalmtal
- Akteure und Konzepte
- Umwelt und Gesundheit
- Wirtschaft und Finanzen
- Raumplanung und Regionalentwicklung
- Kultur und Bildung
- Infrastrukturen und Daseinsvorsorge
- Strukturwandel im Rheinischen Revier
- Meckereien und Gemopper
- Grenzlandgrünschnitt
- Bündelmüll
- Medienhinweise